Manfred Albersmann

Das Leben der Lobbericher Bevölkerung war geprägt von Gewohnheit und Tradition. Die Bevölkerung erwarb ihren Unterhalt zum größeren Teil durch die Landwirtschaft, ein Umstand, der sich auch in der Bedeutung der Honschaften für Lobberich ausdrückt. Mittelpunkt des Ortes war die (heutige alte) katholische Kirche am Markt. Um sie herum spielte sich das Leben des Dorfes ab. Wie auch die übrigen Dörfer und Städte der Umgebung war Lobberich durch und durch katholisch, dabei spielten auch die Bruderschaften eine wichtige Rolle.

Am 17. August 1786 starb ohne Nachkommen Friedrich II. - Friedrich der Große (auch der "Alte Fritz" genannt) Ihm folgte in der Regierung der Sohn seines verstorbenen Bruders Friedrich Wilhelm, (1786-1794). Am 6. November 1786 wurde dem neuen König von den Landständen zu Geldern gehuldigt. Derselbe bevollmächtigte zur Entgegennahme der Huldigung den Gouverneur von Wesel, van Salenmon, und beauftragte ihn, sich dabei des Rates des Direktors des Administrations-Kollegiums in Geldern, Plesmann, zu bedienen. Die im Rittersaale versammelten Ritterschaft und Deputierten der Städte begaben sich gegen 10 Uhr zu dem königlichen Kommissar, um denselben abzuholen. Auf dem Markt vor dem Rittersaal hatte sich eine ansehnliche Volksmenge versammelt. Der Erbmarschall wandte sich an das Volk und rief dreimal: "Es lebe Wilhelm der Zweite, unser allergnädigster und vielgeliebter König!", wobei die Menge freudig einstimmte. Danach begaben sich die Landstände in die katholische Pfarrkirche, wo der speziell dazu eingeladene Bischof von Roermond,  das Tedeum hielt. Unter der Regierung des Königs erfolgte die Einführung des bereits unter Friedrich II. vorbereiteten "allgemeinen preußischen Landrechtes" in das Herzogtum Geldern.

   
           Friedrich II. - der Große                       Friedrich Wilhelm II. von Preußen

Mehr als fünfundzwanzig Jahre lang hatte sich unser Land eines ununterbrochenen und segensreichen Friedens erfreut, als im Jahre 1789 die große Revolution in Frankreich ausbrach. Die Republik wurde dort proklamiert. Die europäischen Fürsten erkannten in der neuen Ordnung eine große Gefahr für die Ruhe und Sicherheit ihrer Reiche und zeigten sich Frankreich gegenüber ablehnend. Kaiser Leopold II., Schwager Ludwig XVI. von Frankreich, schloß am 7. Februar 1792 mit Preußen ein förmliches Schutzbündnis. Sein Nachfolger, Franz II., "führte gegen die französischen Machthaber eine drohende Sprache, die in gleicher Weise erwidert wurde und endlich eine Kriegserklärung seitens der Franzosen zur Folge hatte". 

Im August 1792 rückte eine preußische Armee unter dem Befehl des regierenden Herzogs Karl von Braunschweig, des Siegers der Schlacht von Krefeld, in Frankreich ein und drang bis in die Champagne vor. Sie wurde jedoch durch die Ruhrkrankheit so arg heimgesucht, daß sie bereits im Oktober wieder zurückziehen mußte. Der französische General Dumouriez fiel jetzt in die österreichischen Niederlande ein und erfocht am 6. November bei Jemappes einen entscheiden Sieg über die an Zahl bedeutend schwächere österreichische Armee, infolgedessen diese sich zum Rückzuge über die Maas genötigt sah. Die Gedanken der Französischen Revolution die Aufklärung und ihre Folgen übten auf die ländlichen Gebiete des Niederrheins noch keinen unmittelbaren Einfluß aus. Schlagartig änderte sich diese Situation, als Albert-Victor-Marie Desprez General de la Marlière am 16. Dezember 1792 mit dem französischen Cürassier-Regiment in einer Stärke von ungefähr 6.000 Mann ins Gelderland einfiel, zu dem auch Lobberich immer noch gehörte, und bei Straelen sein Hauptquartier aufschlug.

Er verlangte von der Stadt Geldern eine Kriegskontribution (Zwangsauflage in Geld oder Güter) von 300.000 holländischen Gulden und drohte, falls die Summe nicht schnellstmöglich entrichtet werden, den Personen, welche als Geiseln in Haft genommen, die Freiheit nicht wiederzugeben und das ganze Land verheeren zu lassen. Es wurden schließlich zwei Drittel der Summe aufgebracht und für den Rest wurde Bürgermeister Oppermann, Konrad Isaac von der Leyen und die Kommerzialrätin Valentin Heydweiller als Geiseln festgenommen. Am 19. Dezember 1792 verlangte der General in kürzester Frist seitens der Provinz Geldern eine Kriegskontribution von 200.000 holl. Gulden  und eine bedeutende Quantität Fourage. Vergeblich bemühte man sich, denselben zu einer Ermäßigung dieser schweren Brandschatzung zu bewegen. Am 20. Dezember 1792 verteilte das Landes-Administrations-Kollegium die verlangte Geldkontribution auf die Gemeinden des Landes mit der Mahnung schleuniger Zahlung, damit die Eingesessenen von schweren Exekutionen und Verheerungen verschont bleiben und die Geiseln eingelöst werden möchten. Der Beitrag der Gemeinde Lobberich zu dieser "Brandschatzung" betrug 6450 holländische Gulden. Die Nachbarorte Grefrath (7.500), Hinsbeck (5.000), Leuth (3.100), Wankum (4.150) und Herongen (700) waren ebenfalls betroffen. Bis zum 20. Januar 1793 wurde die Summe von 166.825 Gulden bar aufgebracht und der Rückstand durch Lieferung von 3.354 Paar Schuhen und Fourage gedeckt; am folgenden Tag erhielten die Geiseln von Geldern ihre Freiheit zurück. Da die Gelder von den einzelnen Kommunen nicht schnell genug herbeigeschafft werden konnten, leisteten drei Klöster und einunddreißig Einwohner von Geldern einen Vorschuss von 22.863 Gulden.

Auf Befehl des Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm II., wurden schon Anfang 1793 eine ansehnliche Anzahl von Streikräften zur Beschützung des geldrischen Landes bei Wesel zusammengezogen, über die der Herzog Friedrich August von Braunschweig-Oels den Oberfehl hatte. Am 31. Januar 1793 ging er mit den Grenadier-Batallionen Knobelsdorf und Kalkstein nach Geldern ab und bezog Stellung zwischen Arcen und Uerdingen, die er durch die Besetzung der Stadt Venlo am 11. Februar wesentlich zu verstärken wusste. Der Herzog nahm hiernach sein Hauptquartier in Geldern. Die preußischen Truppen rückten näher an die Niers heran und traten mit den aus dem Jülich'schen heranrückenden Kaiserlichen in Verbindung. Am 12. Februar verlegte der Herzog sein Hauptquartier nach Kempen. Die Österreicher unter Feldmarschall Clairfait und dem  Prinzen von Coburg (Ernst Friedrich) gingen am 1. März über die Roer und drängten die Franzosen aus der Gegend von Jülich und Düren bis über Aldenhoven hinaus zurück. Die Operationen des Herzogs von Braunschweig richteten sich jetzt gegen die mit 6.000 Mann und 36 Kanonen besetzte Stadt Roermond, sowie gegen die zu deren Schutze längs der Schwalm angelegten Verschanzungen. Am 3. März griff er mit fünf verschiedenen Kolonnen, die von Belfeld, Bracht, Dülken, Arsbeck und Erkelenz aus sich in Bewegung setzten, die Franzosen an. Nach einem hartnäckigen Gefecht bei Swalmen zogen sich die Franzosen über die Maas zurück, worauf die kaiserlichen Truppen zwei Tage später Roermond besetzten.

Aber das Kriegsglück dauerte für die Kaiserlichen nicht lange. Mit drei starken Armeen unter jungen Generalen, die der erfahrene Carnot leitete, fielen die Franzosen in die Niederlande ein. Am 26. Juni 1794 wurden die Österreicher in der Schlacht bei Fleurus durch Jean-Bapist Jourdan geschlagen. Sie zogen sich langsam über die Maas zurück und erlitten am 2. Oktober bei Aldenhoven eine erneute Niederlage, die das ganze linke Rheinufer in die Gewalt der Franzosen brachte. Der rechte Flügel der Nordarmee unter Befehl des Generals Moreau - später unter General Laurent - schritt bereits sechs Tage später zur Belagerung von Venlo. Die Bewohner der preußischen Provinzen Geldern und Cleve waren überaus beunruhigt. Aus Furcht vor neuen Gewalttätigkeiten seitens der Franzosen ergriffen fast sämtliche Regierungsbeamte sowie viele Geistliche und Vornehme des Landes mit ihren Familien die Flucht. Am 15. Oktober 1794 rückte die Avantgarde des rechten Flügels der Nordarmee unter General Compère in Geldern ein.

Bereits am 22. Dezember 1794 schrieben die französischen Volksrepräsentanten eine Kriegskontribution von 25 Millionen Livers auf die eroberten Länder aus, wovon 4 Millionen auf den Bezirk Geldern fielen, deren Zahlung innerhalb eines Monats erfolgen sollte. Die Bezirksverwaltung von Geldern verteilte ihren Anteil so, daß 1.450.000 Livres auf die Geistlichkeit, 900.000 Livres auf den Adel und 1.650.000 Livres auf die Stadt und Landgemeinden fielen.

"Wegen der gänzlichen Erschöpfung der eroberten Landesteile infolge von Kriegsverheerungen, bedeutenden Natural-Lieferungen usw. wurde der Betrag dieser Kriegskontributionen am 10. Februar 1795 auf 8 Millionen Livres herabgesetzt. Außerdem wurden alle bisherigen Steuern, alle geistlichen Zehnten forterhoben und mit der größten Strenge beigetrieben; alle Güter der Geflüchteten teils zur Verpachtung, teils zum Verkaufe für die Kassen der Republik ausgesetzt; zum Unterhalt und zur Bekleidung der Armee bedeutende Requisitionen an Fourage, Getreide, Schlachtvieh, Schuhen und sonstigen Kleidungsstücken ausgeschrieben, (So hatte das Gelderland auf einmal allein 10.000 Hemden zu liefern, wovon jede Gemeinde ihren Anteil gab) und die Einwohner durch schwere Einquartierungen und Vorspanndienste auf's äußerste belästigt." (Finken Seite 30).

     
                                Muster der gebräuchlichen Assignaten

Die Zahlung dieser Lieferungen hatte in "Assignaten" (von frz. assignation = Anweisung) zu erfolgen. Sie waren das während der Französischen Revolution verwendete Papiergeld. Die ersten Assignaten wurden ab dem 14. Dezember 1789 ausgegeben. Anfänglich hatte das neue Geld eine wohltuende Wirkung. Die französische Wirtschaft wurde belebt und die Bauern solidarisierten sich durch das verteilte Land mit der Revolution. Schon im folgenden Jahr wurde allerdings die Verzinsung aufgegeben. Mit der Zeit wurden durch die Regierung immer mehr Assignaten in Umlauf gebracht, wodurch sie stark an Wert verloren und auch die politische Instabilität und Fälschungen ließen das Vertrauen in die Währung sinken. Die ersten Assignaten wurden ab dem 14. Dezember 1789 ausgegeben. Anfänglich hatte das neue Geld eine wohltuende Wirkung. Die französische Wirtschaft wurde belebt und die Bauern solidarisierten sich durch das verteilte Land mit der Revolution. Schon im folgenden Jahr wurde allerdings die Verzinsung aufgegeben. Mit der Zeit wurden durch die Regierung immer mehr Assignaten in Umlauf gebracht, wodurch sie stark an Wert verloren und auch die politische Instabilität und Fälschungen ließen das Vertrauen in die Währung sinken.

Schon im Februar 1793 hatten sie nur noch 50 % ihres ursprünglichen Werts. Es kam zum Horten von Lebensmitteln, was die Jakobiner am 26. Juli per Gesetz verboten; am 29. September wurde weiterhin ein Preismaximum für bestimmte Lebensmittel vorgeschrieben. Das konnte die Inflation jedoch nur vorübergehend bremsen. Bürgermeister war Johann Heinrich Haanen (*7.10.1760 in Lobberich) - und zwar von 1794 - 1823.

Im April 1795 sank der Wert der Assignaten auf nur noch 8 %; Kaufleute weigerten sich zunehmend, Papiergeld anzunehmen, und die in Assignaten bezahlten Arbeiter verarmten. Am 21. Januar 1793 wurde König Ludwig XVI. von Frankreich auf der Guillotine hingerichtet, nachdem ihn der Nationalkonvent für abgesetzt erklärt und wegen Hochverrats zum Tode verurteilt hatte. 1795 wurde Napoleon Bonaparte Oberbefehlhaber der Armee. Noch im selben Jahr schlug er einen Aufstand der Königstreuen nieder und sicherte somit die Herrschaft des Direktoriums.

          
                                Hinrichtung Ludwig XVI. von Frankreich am 21.1.1793

Im Februar 1796 entschloss sich das Direktorium, die Assignaten im Kurs 30:1 durch mandats territoriaux zu ersetzen. Am 18. März wurden die Assignaten aus dem Verkehr gezogen und von den Territorialmandaten abgelöst. Deren Anzahl war auf 2,4 Milliarden limitiert - sie konnten unmittelbar gegen Staatsgüter eingetauscht werden. Auch sie verfielen jedoch rasch. Am 21. Mai 1797 wurden alle Assignaten für ungültig erklärt. Einen Tag nach der Ratifikation des Friedens von Campo Formio vom 17. Oktober 1797, der Frankreich den Erwerb des linken Rheinufers auch seitens Österreichs in sichere Aussicht stellte, ernannte das Vollziehungs-Direktorium der französischen Republik den Richter am Kassationshof Franz Josef Rudler zum Regierungskommissar in den eroberten Ländern zwischen Maas und Rhein und Rhein und Mosel (Commissaire du Gouvernement dans les pays conquis entre Meuse et Rhin et Rhin et Moselle). Er wurde mit der Durchführung einer neuen Verwaltungsorganisation gemäß den ihm erteilten Instruktionen (Recueil des réglemens et arrêtés émanés du commissaire du gouvernement dans les quatre nouveaux départemens de la rive gauche du Rhin, Bd. 1 vom 4. November 1797) (Text der Instruktion bei Hansen, Quellen, Bd. IV, S. 362- 366) beauftragt. Diese Instruktionen wiesen Rudler an, das Gebiet nach französischem Vorbild in Departements, Arrondissements und Kantone einzuteilen und in ihnen die entsprechenden Verwaltungsbehörden und Gerichte zu schaffen, an die Stelle der einheimischen Steuern die französischen zu setzen und für das Rheinland geeignete französische Gesetze einzuführen (Käss, Staatsverwaltung, S. 134 f.). Auf Grund dieser Vollmacht hob Rudler mit Beschluß (arrêté) vom 23. Januar 1798 alle bestehenden öffentlichen Gewalten auf, traf Vorkehrungen für den Übergang bis zur Neuordnung und setzte den 19. Februar 1798 als Tag der Installierung der neuen Verwaltungsbehörden und Gerichte fest (Recueil des réglemens ..., Bd. 1, S. 60- 61 und 64- 65). Durch einen weiteren Beschluß vom 23. Januar 1798 bestimmte er die Grenzen der aus den eroberten Ländern zwischen Maas und Rhein und Rhein und Mosel gebildeten vier neuen Departements und teilte diese in Kantone ein (vgl. Recueil des réglemens ..., Bd. 1, S. 66-67 und 74-75). Die Einteilung in Kantone wurde sehr bald schon geändert. Sie tritt geschlossen zum ersten Mal in den Übersichten der Kantone, Gemeinden, Pacht- und Meierhöfe mit Angabe der Einwohnerzahlen entgegen, die die einzelnen Departements am 24. Dezember 1798 (Roer), 16. März 1799 (Donnersberg), 21. Juli 1799 (Saar) und 9. September 1799 (Rhein- und Mosel) dem Regierungskommissar übersandten (Recueil des réglemens, Bd. 11, Heft 22, S. 45 - 131; Daniels, Handbuch, Bd. VI, S. 474 - 517, ohne Donnersberg).

                                 
                                       Napoleon in seinem Arbeitszimmer

Danach gehörten zum Roerdepartement folgende 42 Kantone (Recueil des réglemens, Bd. 11, Heft 22, S. 109- 130; diese Einteilung wurde bereits am 15. Juni 1798 eingeführt; vgl. die Liste bei Daniels, Handbuch, Bd. VI, S. 467 - 472): 1. Aachen, 2. Burtscheid, 3. Eschweiler, 4. Linnich, 5. Geilenkirchen, 6. Sittard, 7. Heinsberg, 8. Düren, 9. Froitzheim, 10. Gemünd, 11. Monschau, 12. Köln, 13. Weiden, 14. Dormagen, 1 5. Bergheim, 16. Kerpen, 17. Jülich, 18. Elsen, 19. Zülpich, 20. Brühl, 21. Lechenich, 22. Krefeld, 23. Kempen, 24. Viersen, 25. Bracht, 26. Rheinberg, 27. Uerdingen, 28. Moers, 29. Neuss, 30. Neersen, 31. Odenkirchen, 32. Erkelenz, 33. Kleve, 34. Ravenstein, 35. Gemert, 36. Horst, 37. Kranenburg, 38. Kalkar, 39. Goch, 40. Xanten, 41. Geldern, 42. Wankum (Grefrath, Herongen, Hinsbeck, Leuth, Lobberich, Straelen, Velden, Wachtendonk, Wankum). Noch wichtiger als die Auflösung der bisherigen öffentlichen Verwaltungs- und Justizbehörden, war der Versuch der französischen Zentralregierung in Paris, die Gedanken der Französischen Revolution in den besetzten Provinzen durchzusetzen. Die auch für Lobberich wohl bedeutungsvollsten Veränderungen waren in diesem Zusammenhang die Aufhebung der Feudalrechte vom 26. März 1798 und die Maßnahmen gegen die katholische Kirche. Aus dem durch die Vertreter der Revolution propagierten Gleichheitsgrundsatz leitete sich naturgemäß ab, daß es keine Abhängigkeiten und Abgaben an Grundherren in Form von Zehnten mehr geben durfte. Davon betroffen waren in Lobberich unter anderem die Besitzungen der Familie von Bentinck, die Burg Ingenhoven besaß, und die Zehntabgaben an die Abtei Knechtsteden (bei Dormagen), die mindestens seit 1543 den Lobbericher Pastor stellte.

Der Präfekt des Roer-Departements verkündete am 14. Juli 1800 genaue Bestimmungen für die Ernennung der Maires (Bürgermeister) und Adjunkten (Beigeordnete) in den Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern (S. Graumann, Französische Verwaltung am Niederrhein. Das Roerdepartement 1798-1813, Essen 1990). In Lobberich, das bekanntlich zum Kanton Wankum gehörte, wurde zum Maire "le citoyen Jean Henry Haanen" ernannt. Sein Adjunkt (Beigeordneter) wurde der bisherige "Regierer" (agent) Paul Wildenrath. Daneben wurde ein Munizipalrat (conseil municipal) gebildet, der aus zehn Personen bestand und höchstens vierzehn Tage im Jahr zusammentreten durfte. Die Ernennungsurkunde Hannens, die von Johann Anton Dorsch, dem Unterpräfekten des Arrondissements Kleve, unterzeichnet ist, gibt einen Hinweis auf weitere Funktion Haanens vor seiner Ernennung zum Maire. Dort heißt es wörtlich: Jean Henry Haanen, assesseur du juge de paix, et Paul Wildenrath, sont nommés maire et adjoint de la Marrie de Lobberich. (GA Lobberich, Ernennungsurkunde vom 25.10.1800). Das Protokoll der Amtseinführung am 1.11.1800 bestätigt diese Funktion Haanens, indem es als neuen Maire den beisitzer des hiesigen Friedensgerichts bürger Johann Heinrich Haanen angibt. Die fast dreijährige Arbeit als Beisitzer dieser untersten staatlichen Gerichtsinstanz dürfte der eigentliche Grund für die Ernennung zum Maire gewesen sein (Marcus Optendrenk). Das Amt des Maire war ein unbesoldetes Ehrenamt. Es war jedoch deshalb erstrebenswert, weil der Maire im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben einen erheblichen Einfluss auf die gesamte Verwaltung und die Polizei nehmen konnte. In der Mairie Lobberich, das weniger als 2500 Einwohner und deshalb nur einen Maire und einen Adjunkten als Verwaltungsbeamten hatte, war Haanen der herausragende Repräsentant.


                              Briefköpfe der Mairien Lobberich und Hinsbeck

Erste Anfänge einer bemerkenswerten allgemeineren wirtschaftlichen Entwicklung finden sich in Lobberich um 1800 mit einigen Bierbrauereien von lokaler Bedeutung (so Huenges und Pötter), einigen Mühlen (Kothmühle, Neumühle und Bockwindmühle), einer Lebensmittelgroßhandlung (Rathmachers) und dem Zimmererbetrieb Josten (1813). Die Tradition des alten Leinenwebergewerbes setzte der vom Bengmanshof kommende Joachim Heythausen (1729-1813) mit der Gründung einer Leinwandfabrik fort, die erste Initialzündung auf dem industriellen Sektor. Ein Sohn Jakob Heythausen sattelte noch vor Aufhebung der Kontinentalsperre von Flachs auf Baumwolle um und hatte um 1810 mit seinem Bruder Quirin Heythausen die Baumwollfabrik den damaligen Verhältnissen entsprechend gut ausgebaut. 25 Jahre später wurden bereits 126 Arbeitskräfte beschäftigt. Für das Jahr 1840 wird berichtet, dass die Firma durch den Tod des Vaters keine Ausdehnung mehr erfahren habe und 80 bis 83 Webstühle beschäftigt werden können. 1848 wurde bei Ausverkauf des Warenvorrats die Löschung der Firma Jacob Heythausen Söhne, Siamosenfabrik, beantragt. Seit 1849 wurde eine Material- und Stuhlwarenhandlung betrieben. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erlag das Unternehmen dann der übermächtigen Konkurrenz; das Heythausengebäude auf der Hochstraße ist erst kürzlich niedergelegt worden.

Eine Färberei wurde von Joh. Heinrich Michels um 1811 am Hinsbecker Weg (Niedieckstraße) eingerichtet und von den Söhnen weiter ausgebaut, später als Färberei und Druckerei. Zu Anfang dieses Jahrhunderts florierte noch die Dampffärberei und chemische Reinigungsanstalt der Gebrüder Michels auf der Hochstraße. Der letzte der drei Michelsbrüder starb 1943.

                          
                                             Karte von Lobberich um 1815

Eine Woche nach der Aufhebung der Feudalrechte trat am 2. April 1798 ein weiteres Dekret in Kraft, das alle öffentlichen Zeichen und Zeremonien verbot. Dies betraf vor allem Wallfahrten, Prozessionen und Leichenzüge. Auf den Friedhöfen und Kirchtürmen und an allen öffentlichen Wegen mussten alle Kreuze entfernt werden. In Lobberich wurden auf dem alten Friedhof die Grabkreuze entfernt. Maßnahmen wie diese, war der Beginn eines Prozesses: der Säkulariation. Die Kirche war in den Augen der Revolutionsführer im Prozess des Absterbens begriffen, da sie dem Fortschritt nichts entgegengesetzt habe. Durch Verfügung vom 19. Juli 1798 wurde der gregorianische Kalender abgeschafft und an dessen Stelle der republikanische Kalender eingeführt, nach welchem das Jahr in zwölf Monate mit neuen Namen, jeder Monat in drei Dekaden, jede Dekade in zehn Tage zerfiel. An Sonntagen mussten alle Behörden geöffnet bleiben.  

Dadurch sollten bisher selbstverständliche religiöse Inhalte aus dem Alltag der Menschen verdrängt werden. In der Folgezeit wurden durch die Franzosen weitere Gesetze erlassen, die vorsahen, daß um alle Friedhöfe Mauern angelegt werden mußten, die Friedhöfe mindestens 100 Meter von Wohngebäuden und außerhalb der Städte und Gemeinden liegen sollten. Was sich dem äußeren Anschein als reine Hygienemaßnahme darstellt, war aber auch ein direkter Angriff auf die Autorität der Kirche, die bisher für das Bestattungswesen zuständig gewesen war. Die meisten Friedhöfe lagen im 18. Jahrhundert in unmittelbarer Umgebung der Kirche, oft auch Kirchhof genannt. Die Geistlichen waren nunmehr als Staatsbedienstete - jeder Geistliche hatte den Eid auf die französische Verfassung zu leisten und wurde bei der Verweigerung dieses Eides politisch verfolgt - abhängig von den politischen Weisungen der französischen Regierung, sie hatten im Sinne und zum Wohle des Staates zu wirken und waren dadurch auch verpflichtet, Napoleons Politik bei der Bevölkerung populär zu machen.

                
                        Alte Friedhofskreuze hinter der Alten Kirche

Diese Verpflichtung wird in den Worten des Bischofs Marc-Antoine Berdolet (ein geborener Elsässer aus Colmar), der 1801 Bischof des neugeschaffenen Bistums Aachen (Infolge des am 15. Juli 1801 zwischen Papst Pius VII. und dem ersten Konsul Napoleons abgeschlossenen Konkordates fand eine neue Einteilung der Bistümer und Pfarreien Frankreichs statt. Gem. dem am 4. Mai 1802 für die vier rheinischen Departemente verkündigten Gesetze über die Organisation des Kultus wurde für die katholischen Einwohner des Roer- und des Rhein- und Moseldepartements das Bistum Aachen errichtet und diese mit anderen Diözesen dem Erzbistum Mechelen (Auflösung der bisherigen Suffraganbistümer Antwerpen, Brügge und Ypern, Unterstellung der Bistümer Tournai und Namur - vormals zum Erzbistum Cambrais gehörend und des linksrheinischen Rests des ehemaligen Erzbistum Mainz. Am 29. November 1801 bestätigte der Papst die Neueinteilung der Bistümer in der Bulle „Qui Christi Domini") untergeordnet geworden war, zu dem Lobberich nun gehörte, )besonders deutlich:

Er schrieb in einem Hirtenbrief am 2. Oktober 1805 während der Eroberungszüge Napoleons an die Gläubigen: Der Kaiser Napoleon hat die Hoffnung uns den Frieden zu verschaffen nicht verlohren; ... er gibt ein großes Zeugnis des Zutrauens seinem Volke, welches ihm ein großes Zeugnis der Liebe erwiedert. Seine unüberwindlichen Kriegsschaaren sind schon in Bewegung; er selbst reiset ab, sie zum Ruhme zu führen. . . . In diesem wichtigen Zeitpunkt will er, daß man in allen von ihm wiedereröffneten Kirchen das Gebeth zu Gott dem Herr der Heerscharen richte'. Dass der Lobbericher Pfarrer Paul Stemmler, der diese Funktion von 1774 bis 1811 ausübte, genauso kaiserfreundlich gewesen ist wie Berdolet, dem man in Paris gerade deshalb das Aachener Bistum anvertraut hatte , ist dagegen, auch angesichts seines Boykotts gegen genaue Angaben über kirchliche Besitzungen in Lobberich, kaum anzunehmen.

                                    
                                                        Pabst Pius VII.

Im Frieden von Lunéville (Artikel 6) willigten Kaiser und Reich in die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich ein, „so daß der Talweg des Rheins von dem Ausfluss dieses Stroms aus der Schweiz von nun an die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland bildet“. Zugleich war in Artikel 7 des Vertrages bestimmt, dass die deutschen Fürsten, welche auf dem linken Rheinufer Gebiete verlieren, in Deutschland entschädigt werden sollten. Der Friedensvertrag wurde durch kaiserliches Dekret vom 9. März 1801 ratifiziert; er trat mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden am 16. März 1801 in Kraft. Allerdings hatte Frankreich schon nach dem Frieden von Campo Formio damit begonnen, die besetzten linksrheinischen Gebiete, mit deren Erwerb es definitiv rechnen konnte, politisch und administrativ zu reorganisieren. Die betroffenen Reichsstände übten seitdem faktisch keine Hoheitsgewalt mehr in ihren linksrheinischen Territorien aus. Aus der Zeit unmittelbar nach der Auflösung der Klöster im Jahre 1802, von dem auch das Kloster Knechtsteden betroffen war (7.9.1802 erfolgte die Aufhebung der Abtei und die Vereinigung der abteilichen Besitzungen mit dem französischen Nationaleigentum. Die Conventualen mussten die Abtei verlassen. Die Abtei und die Abteikirche wurden von dem französischen Domainenverwalter geschlossen und versiegelt; den Aufhebungsvertrag unterschrieb auch F. Paulus Stemmler, Pastor in Lobberich) gibt es ein für Lobberich sehr charakteristisches Dokument. Es handelt sich um eine Inventarliste, die der Bürgermeister offensichtlich auf Anweisung des Klever Unterpräfekten anfertigen musste. Um einen Überblick über die verkaufbaren Güter der Kirche in seinem Arrondissement zu bekommen, erließ der Klever Unterpräfekt im Oktober 1797 nämlich eine Verfügung, die die tabellarische Auflistung aller Besitzungen verlangte, die "Geistliche Korpoartionen" früher in Lobberich besessen hatten. Sie sollte die in Lobberich vorhandenen Sakralgegenstände auflisten, die wohl eingezogen werden sollten.

Nach Beseitigung der alten Gemeindeordnung und Einführung der republikanischen (französischen) Munizipalverordnung stand Johann Heinrich Haanen als "Maire" (Bürgermeister) vom Jahre 1800 - 1814 der Gemeinde vor.

Bürgermeister Haanen schreibt zunächst, wie er mit Pastor Stemmler und Küster Wolters morgens um acht Uhr zur Sakristei gegangen sei und diese im versiegeltem Zustand vorgefunden habe. Demnach ist die Sakristei zuvor dem Zugang der Geistlichen entzogen worden, um zu vermeiden, dass die Priester wertvolle Sakralgegenstände versteckten und ihre Konfiszierung verhinderten. Bürgermeister Haanen findet jedoch in der gesamten Lobberich Kirche keinen einzigen Gegenstand, der nicht für den täglichen Gebrauch ... hier gelassen werden müsse. Notwendige Gegenstände sollten den Kirchen gelassen werden, damit sie ihre staatliche Aufgabe, Seelsorge im Dienste und Sinne des französischen Staates zu leisten, zu erfüllen vermochten. Haanen hat sich offenbar bei der Erstellung der Liste seiner eigenen kirchlichen Verwurzelung erinnert und das ihm eingeräumte Ermessen zugunsten der Pfarre ausgeübt.

Da ähnlich abschlägige Anworten offensichtlich nicht nur aus Lobberich gekommen waren, beschloss der Präfekt des Roer-Departements, Stifts-Obere, Dechanten und Pfarrer persönlich für die vorschriftsmäßige Aufstellung der Besitztümer verantwortlich zu machen, um wahrheitsgemäße Angaben aus den einzelnen Kantonen zu erhalten. Doch scheinen sich die Lobbericher Geistlichen über solche Verordnungen konsequent hinweggesetzt zu haben. Nirgends taucht eine derartige Auflistung aus Lobberich auf. Dass auch die "Zivilgemeinde" keine erkennbaren Anstrengungen unternommen hat, diesbezügliche Angaben einzufordern, deutet darauf hin, dass die Kirche auch in der Zivilgemeinde weiterhin großen Einfluss und Ansehen besaß.

Nachfolger von Pfarrer Stemmler war Wilhelm Wipperfürth, gebürtig aus Köln, ebenfalls ein Knechtstedener Ordensgeistlicher. Nach nur drei Jahren Tätigkeit verstarb Wipperfürth mit 42 Jahren. Im folgte Bernhard Kempen, gebürtig aus Altdorf (bei Aachen). Nach gewaltsamen Auflösung der Prämonstratenser-Abtei Knechtsteden im Jahre 1802 war er an mehreren Stellen als Aushilfe in der Seelsorge tätig, bis er am 15. März 1814 als Pfarrer von Lobberich ernannt wurde. Unter ihm wurde, zum Teil auf seine Kosten, im Jahre 1818 die alte Pfarrkirche erweitert bzw. ausgebaut. Kempen war der letzte Ordensgeistliche in der Reihe der nach 1221 begonnenen Reihe der Knechtstedener Prämonstratenser als Pastöre von Lobberich. In der Seelsorge wurde er unterstützt von seinem Ordensgenossen und Freund Conrad Reckinger. Über die Haltung der Bevölkerung Lobberichs gegenüber den neuen Machthabern liegen uns keinerlei direkten Zeugnisse vor; die Tatsache, daß sich 1804 alle 387 Lobbericher Stimmberechtigten in einer Abstimmung für die Erbfolge des neuen Kaisers Napoleon aussprachen, dürfte in dieser Hinsicht wenig aufschlussreich sein.

Mitte Januar 1814 brach die französische Verwaltung im Roerdepartement zusammen. Nach dem Rheinübergang der schlesischen Armee unter Generalfeldmarschall von  Blücher setzte man in den linksrheinischen französischen Provinzen Generalgouverneure ein. Die Bürgermeisterei Lobberich gehörte nunmehr zum Generalgouvernement Niedrrhein mit Sitz in Aachen. Nach der von Generalgouverneur Johann August Sack im März 1814 erlassene Verwaltungsordnung blieb der bisherige Verwaltungsaufbau mit wenigen Ausnahmen erhalten, nur die Bezeichnungen wurden verändert. Die von den Franzosen im Herbst 1800 erlassene Munizipalverfassung wurde erst mit Inkrafttreten der Gemeindeordnung für die Rheinprovinz im Jahre 1845 abgelöst.

Hatte mit dem Zusammenbruch der Zentralverwaltungen des Departements Aachen und der Arrondissements in Aachen, Kleve, Krefeld und Köln die jeweilige Verwaltungsspitze mit den Truppen das Rheinland verlassen - dies geschah auf ausdrückliche Anordnung Napoleons -, so verhielt es sich mit den kommunalen Amtsinhabern anders. Sie stammten fast durchgängig aus dem Rheinland und blieben auch nach dem Einmarsch der Preußen und ihrer Verbündeten in ihren Gemeinden. Vielfach blieben sie sogar mit deutschem Titel im Amt. So war es auch in Lobberich, das schon beim Wechsel von Geldern (Preußen) zu Frankreich eine bemerkenswerte personelle Kontinuität gezeigt hatte. Johann Heinrich Haanen blieb, ohne dass es Hinweise darauf gibt, dass dies jemals umstritten gewesen wäre, auch in der Zeit der Befreiungskriege Lobberichs erster Bürger.

Die Befreiungskriege der Jahre 1813 - 1815 brachten für Lobberich wiederum die schon üblichen Kriegsnöte und Folgelasten- von seiten der späteren Besiegten wie der Sieger. Die Bilanz der von den napoleonischen Kriegen insgesamt betroffenen wehrfähigen Lobberichern ist traurig: Während bis 1816 immerhin 55 Männer aus französischen Kriegsdiensten heimgekehrt waren, blieben 26 Soldaten, die in den Jahre 1807 - 1814 in den französisch-spanischen bzw. französisch-russischen Kriegen auf seiten Frankreichs gekämpft hatten, im Felde. Die überlieferten Orte ihres letzten Nachweises decken das Gebiet Kontinentaleuropa von Spanien bis Rußland ab. Unter den Heimgekehrten fanden sich noch 1848 vier Invaliden, die damals weder öffentliche noch privat Unterstützung erhielten. Auf dem Wiener Kongreß wurde das linke Rheinufer dem König von Preußen zuerkannt.

            
            Delegierte des Wiener Kongresses im zeitgenössischen Kupferstich

Mit der "Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden" vom 30. April 1815 wurde Preußen in zehn Provinzen eingeteilt (in Klammern die Hauptstadt), die mit Ausnahme von Ostpreußen, Westpreußen und Posen als Verwaltungseinheiten Preußens zum Territorium des Deutschen Bundes zählten:

1. Provinz Brandenburg (Potsdam)
2. Provinz Ostpreußen (Königsberg)
3. Provinz Westpreußen (Danzig)
4. Provinz Pommern (Stettin)
5. Provinz Schlesien (Breslau)
6. Provinz Posen (Posen)
7. Provinz Jülich-Kleve-Berg (Köln)
8. Provinz Großherzogtum Niederrhein (Koblenz)
9. Provinz Westfalen (Münster)
10. Provinz Sachsen (Magdeburg)

Die Provinz Jülich-Kleve-Berg umfasste nicht nur die schon vorher in preußischem Besitz befindlichen Gebiete, das Herzogtum Kleve, Teile des ehemaligen Teile des Herzogtum Gelderns und das Fürstentum Moers, sondern auch die nach 1803 an Preußen gelangten rheinischen Gebiete, die Herzogtümer Jülich und Berg, das Kurfürstentum Köln und die Stadt Köln sowie kleinere Herrschaften. Der Oberpräsident der Provinz Jülich-Kleve-Berg (Provinzialregierung) Friedrich Graf zu Solms-Laubach hatte seinen Sitz in Köln. Die Provinz Jülich-Kleve-Berg wurde in die Regierungsbezirke Düsseldorf, Kleve und Köln gegliedert, deren Verwaltungenam 22. April 1816 ihrte Tätigkeit aufnahmen.

Aufgrund der Kreiseinteilung vom 24. April 1816 gehörte Lobberich fortan dem preußischen Landkreis Kempen an, der zunächst Bestandteil des Regierungsbezirks Kleve war, nach dessen Auflösung am 1. Januar 1822 zum Regierungsbezirk Düsseldorf kam.

Am Anfang der preußischen Schulpolitik stand 1814/1815  eine gründliche Bestandsaufnahme alle Verhältnisse in den Schulen - so auch im Landkreis Kempen. Ein Fragenkatalog wurde von den einzelnen Gemeinden beantwortet und dem Ober-Präsidenten der Königl. Preußischen Provinzen am Rhein überlassen. Für Lobberich erklärte die Gemeinde folgendes:

"Die Gemeinde besteht blos aus dem Dorf Lobberich und Gehöften Bocholt, gelegen 1/4 Stunde vom Hauptort, Dick gelegen eine halbe Stunde und bis zur weitesten Entfernung 3/4 Stunde. Sassefeld, entlegen 1/4 Stunde und bis ans Ende 1/2 Stunde. Die Seelenzahl nach der Bevölkerungsliste von 1812 ergibt insgesamt 2.358. Davon entfallen auf das Dorf 1197, auf Bocholt 295, auf Dyck 478 und auf Sassenfeld 388 Personen. Die ganze Gemeinde ist katholisch. Insgesamt 400 schulfähige Kinder (vom 6. bis einschl. 14. Lebensjahr) sind vorhanden (Dorf 160, Dyck 100, Bocholt 90, Sassenfeld 50). Es existiert in der Gemeinde Lobberich eine Primärschule und zwei kleine unbedeutende Nebenschule, eine in Dyck, die zweite im Sassenfeld. Lehrer ist Johann Reiner Orts aus Lobberich, 43 Jahre alt. Er hat dem Schuldienst hiesiger Gemeinde 20 Jahre vorgestanden. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Die Frau des Schullehrers kann wegen häuslicher Geschäfte mit dem Unterrichte sich nicht abgeben. Der Lehrer ist physisch und moralisch gut, sein Charakter friedsam, still und in betreff seiner Bildung, Geschicklichkeit wurde bei verschiedenen Prüfungen in der vormaligen Regierung als einer der ersten im Bezirk Cleve gehalten. In der deutschen Sprache besitzt er eine Stärke, lehret Holländisch, Französisch, Rechnen und Begehren der Eltern auch Latein. Die von den Kindern angeschafften Lehrbücher sind: Normaltabelle, Münsterisches A-B-C-Buch, Elementarbuch, Kinderfreund von P.A. Clemens, Niederdeutsche Accademie, Evangelien, Dürsfeld Catechismus und Kern der Geschichte von Ignatius Felbiger. Knaben und Mädchen werden gemeinschaftlich unterrichtet. Die Zahl derer die Schule wirklich besuchenden Kinder zählt man im Durchschnitt zu 100. Der Schullehrer hat seine Wohnung von der Gemeinde. Er bezieht von der Gemeinde keine Gehälter und wird von den Lehrlingen bezahlt. Die Kinder bezahlen nach Verhältnis ihres Unterrichts monatlich an den Schullehrer selbst. Die Rechnen lernen, pro Monat 15 Stüber, die anderen pro Monat 8 Stüber; seine jährlichen Einkünfte an Schulgeld können auf 350 Francs gerechnet werden, wovon doch vieles nicht bezahlt wird. Der Lehrer ist gehalten, inder Kirche dem Chorgesang beizuwohnen. Die Kinder werden täglich an 6 Stunden unterrichtet: von 8 - 11 (im Winter von 9 -12) und von 13 - 16 Uhr. Strafen sind: Heimliche und öffentliche Verweise; Versetzen auf niedrigeren Plätzen; Absonderung auf einer Bank allein; Angeben bei den Eltern; endlich nach öfterer Wiederholung dieser Strafen, wird auch wohl die Ruthe gebraucht. Aufmunterung oder Belohnungen bestehen in öffentliches Lob; Anweisung höherer Plätze; gute Zeugnisse für den Kindern bei ihren Eltern und Obrigkeiten."

Die Friedensgerichtsbezirke erhielten ebenfalls eine durch Kabinettsorder vom 9. Juni 1821 genehmigte neue Einteilung. Die bisherigen Friedensgerichte wurden mit dem 31. August 1821 aufgelöst. Im Bereich des Landgerichtsbezirks Kleve errichtete man die zehn Friedensgerichte zu Kleve, Goch, Geldern, Wachtendonk, Rheinberg, Moers, Xanten, Kempen, Dülken und Lobberich. Am 22. Juni 1822 wurde per „Kabinettsorder“ die Provinz Jülich-Kleve-Berg mit der Provinz Großherzogtum Niederrhein zur preußischen Rheinprovinz mit dem Verwaltungssitz in Koblenz vereinigt. Lobberichs Zugehörigkeit zum Regierungsbezirk Düsseldorf ist, auch nach der Auflösung des preußischen Staates, bis heute unverändert geblieben. Max Trimborn, Bürgermeister von Breyell, verwaltete Lobberich kommissarisch von Breyell her von 1823 - 1830.

Im Jahre 1823 ging die Gemeinde Boisheim mit Lobberich eine Verwaltungsgemeinschaft ein. Der von 1813 - 1823 in Lobberich als erster Beigeordneter tätigte Johann Heinrich Kessels wurde 1823 Bürgermeister von Lobberich, dazu Bürgermeister von Boisheim und kürzere Zeit auch Bürgermeister von Breyell.

                              
                           Bürgermeister Johann Heinrich Kessels
                                          (1830 - 1863)
                                  *11.04.1786 in Lobberich
                                  +12.09.1864 in Lobberich
                   (Er war gleichzeitig Bürgermeister von Boisheim)

Am 1. Februar 1826 wird in Lobberich ein Postamt als Briefsammelstelle des Postamtes Mönchengladbach der königlich preußischen Post eröffnet.

Im Jahre 1830 hatte der Kern des Ortes Lobberich, das "Dorf" 44 Wohnhäuser, im Jahre 1839 bereits 139 und noch dazu 70 landwirtschaftliche Gebäude. Es lagen damals mehrere Bauernhöfe im Ortskern. Insgesamt - mit den Honschaften Dyck, Bocholt, Sassenfeld und Flothend zählte die Gemeinde im Jahr 1833 559 Wohnhäuser und 3.609 Einwohner. Die einzelnen Ortsteile waren durch Feldwege verbunden, die, wenn sie zerfahren waren, eingeebnet und neu verlegt wurden. Dazu leistete aus jeder Familie eine Person pflichtgemäß Hand- und Spanndienste. Für 1838 ist die Zahl von 400 Hand- und 415 Spanndiensten im Wert von 289 Talern und 5 Silbergroschen bekannt.

Im Jahre 1833 wurde in den Straße des Ortskerns Pflaster verlegt. Bürgermeister Kessels schrieb im Jahre 1836: "Lobberichs Bevölkerung treibt größtenteils Ackerbau, doch brachte er infolge des niedrigen Fruchtpreises nicht viel ein. .... auch kommt es bei dem Flachsspinnen, welches gewöhnlich der Hauptnebenerwerb ist, nichts heraus, da der Leinenhandel nach rückwärts geht." Im Jahre 1836 gab es in Lobberich eine Baumwollfabrik mit 126 Beschäftigten und 85 Webstühlen, die jedoch nicht unter einem Dach, sondern in vielen Häusern standen. Daraus könnte man folgern, dass viele Leinenweber sich umorientiert hatten und zu "Samt- und Kattunwebern" wurden und an Webstühlen arbeiteten, die der Fabrik der Brüder Jakob und Quirin Heythausen gehörten. Auf so manchem Bauernhof, wo man früher nebenbei Flachs gesponnen hatte, begann man nun Baumwolle zu spinnen und spulen.

Im Jahre 1837 arbeitete Theodor Mommers, ein Sohn des bei Heythausen tätig gewesenen technischen Leiters Bandmachermeister Franz Mommers, mit einigen Gesellen in Samtband für auswärtige Fabriken in Viersen und Krefeld. Später beschäftigte Mommers noch einige Webergesellen aus dem Kreise Erkelenz. Da die eigene Kapitaldecke jedoch nicht ausreichte, kam es nach einer mehrjährigen Tätigkeit bei Fa. J. L. de Ball & - Cie. 1854 zur Gründung der Firma Theodor Mommers, Niedieck & Cie, Samt- und Samtbandfabrik, aus der am 31. Mai 1865 Mommers ausschied. Er machte sich mit einer Seidenmanufaktur unter Übernahme der Branche festkantiger Samtbänder aus der alten Firma selbständig; 1867 wird firmiert Theodor Mommers & Co/ Seide- und Samtbandfabrik, die 1879 in die Fa. Niedieck aufging.

Im Jahre 1841 gründete Eduard Istas den Lobbercher Männergesangverein.

Im Jahre 1841 waren an der Lobbericher Schule und Kirche einige Änderungen vor sich gegangen Zunächst starb Pfarrer Bernhard Kempen, den man noch als Vertreter einer älteren für immer vergangenen Epoche ansehen darf. Uber 600 Jahre hatte die Praemonstratenserabtei Knechtsteden bei Dormagen das Vorschlagsrecht bei der Lobbericher Pfarrbesetzung ausgeübt. Pfarrer Bernhard Kempen war der letzte in einer langen Reihe Knechtstedener Mönche gewesen. Die bischöfliche Behörde in Münster ernannte nach seinem Tode den Weltgeistlichen Peter Heinrich Krins zum Lobbericher Pfarrer. Sein Grabstein, der mittlere vor dem Friedhofskreuz, hält fest, daß Krins 1803 in Waldniel geboren wurde und 1867 als Dechant und Ehrendomherr hier starb.

Die Besetzung der Schulstelle war bis dahin, ebenfalls durch Jahrhunderte, in der Weise erfolgt, daß Adel, Pfarrer und Schöffen den Kandidaten prüften wund ernannten. Der im Jahre 1841 wegen Altersschwäche ausscheidende Schulmeister, Küster und Kantor Johann Baptist Reiner Orths hatte das Schulamt 1794 von seinem Vater übernommen und es durch 48 Jahre getragen. Als sein Nachfolger wurde Eduard Istas von der Königlichen Regierung in Düsseldorf 1841 mit dem Schulamt in Lobberich betraut. Er hatte seine Vorbildung im Seminar zu Brühl erhalten. Istas war der erste Lehrer, der nicht zugleich als Küster und Kantor fungierte. Die erste Schule war in dem jetzt noch erhaltenen Haus neben dem "Treppken" hinter der alten Kirche untergebracht.

Am 31. März 1842 wurde Peter Heinrich Krins aus Waldniel zum Pfarrer von Lobberich ernannt. Sei mehr als 600 Jahren war er der erste Weltgeistliche, der die Lobbericher Pfarrstelle innehatte. Er wurde im Jahre 1854 zum Landdechanten des Dekanates Kempen ernannt. Im Jahre 1863 wurde er Ritter des Roten Adlerordens und im Jahre 1867 Ehrendomherr an der Kathedrale in Münster. Er ließ 1863 einen vollständigen Umbau des Pfarrhauses vornehmen. Im Jahre 1843 beschäftigte die Firma Heythausen sogar 11 Kinder - zwischen 9 und 16 Jahren - und zwar arbeitstäglich 9 Stunden. Seit 1839 durften nur noch Kinder zur Fabrikarbeit herangezogen werden, "so weit solches geschehen konnte, ohne die Fabrikinhaber in besondere Verlegenheit zu bringen". Im allgemeinen sollten solche Kinder mindestens 3 jahre die Schule besucht haben und "die Muttersprache geläufig lesen können und einen Anfang im Schreiben gemacht haben".

                                  
                               Bürgermeister Maximilian Winkelmann
                                                (1863 - 1874)
                                     * 05.04.1833 Düsseldorf
                                     + 07.12.1874 Krefeld-Traar


Am 25.11.1845 hat sich der Gemeinderat unter Vorsitz von Bürgermeister Johann Heinrich Kessels für die Anlage eines neuen Friedhofes auf gemeindeeigenen Flächen an der Eremitage ("außerhalb des Ortes") entschieden (10 von 16 Ratsmitgliedern waren dafür). Der (alte) Friedhof der kath. Kirchengemeinde an der (alten) Kirche genügte nicht mehr den Anforderungen und konnte auch nicht mehr erweitert werden. 1846 hat Hermann Gartz auf dem neuen Friedhofsgelände die erforderlichen Ziegelsteine für die Friedhofsmauer gebrannt.

Am 6. April 1847 begannen die Arbeiten zur Errichtung der Friedhofsmauer am neuen Friedhof durch die Maurermeister Mathias Meiners für seinen Vater Lorenz Meiners (zuständig für die Frontmauer links vom Eingang und entlang den Grundstücken an der heutigen 'Düsseldorfer Straße'), Arnold Oelenden (zuständig für die Frontmauer rechts vom Eingang und von der heutigen Friedhofskapelle bis zum Waldfriedhof) und Lambert Hommen (zuständig für die hintere Frontmauer). Im Sommer des Jahres erfolgte die erste Bestattung auf dem neuen Friedhof. Erst am 20. April 1847 hat die Abteilung des Inneren der Königlichen Regierung in Düsseldorf den Ausbau des Friedhofes genehmigt.

Als Deutsche Revolution von 1848/49 – bezogen auf die erste Revolutionsphase des Jahres 1848 auch Märzrevolution – wird das revolutionäre Geschehen bezeichnet, das sich zwischen März 1848 und Spätsommer 1849 im Deutschen Bund ereignete. Die Revolutionäre in den deutschen Staaten strebten politische Freiheiten im Sinne demokratischer Reformen und die nationale Einigung der Fürstentümer des Deutschen Bundes an. Sie vertraten vor allem die Ideen des Liberalismus. Dieser spaltete sich jedoch im weiteren Revolutionsverlauf und danach zunehmend in verschiedene Richtungen auf, die in wesentlichen Themenbereichen unterschiedliche Prioritäten setzten und teilweise gegeneinander opponierten (u. a. in der Haltung zum Stellenwert der Nation, der sozialen Frage, der ökonomischen Entfaltung, der Bürgerrechte, als auch zur Revolution selbst). Ein unmittelbarer Vorbote der Märzrevolutionen im damaligen Mitteleuropa war das Krisenjahr 1847, dem eine schwere Missernte 1846 vorausging. In den deutschen Staaten bedeutete dies eine Verteuerung der Lebensmittel, daraus folgten Hungersnöte und Hungerrevolten in fast allen deutschen Staaten und Regionen.
Viele auch ärmere, vom Pauperismus (vorindustrielle Massenarmut) betroffene Bevölkerungsschichten wie Arbeiter, verarmte Handwerker, Landarbeiter usw. schlossen sich, bedingt durch ihre soziale Not, daraufhin zunehmend den Forderungen demokratisch und liberal gesinnter Kreise an. Eine weitere Folge der Krise war außerdem die Abnahme der Kaufkraft bei Industrieprodukten, hier besonders Textilwaren, und daraus resultierend unter anderem ein Niedergang des noch stark handwerklich dominierten Textilgewerbes. Der Niedergang des Textilgewerbes, das in den deutschen Ländern noch von minimal bezahlter Heimarbeit vieler Familien für wenige reiche Unternehmer und Grundbesitzer geprägt war, und allgemein die Krise des Handwerks war auch bedingt durch die fortschreitende industrielle Revolution in Europa, die schon seit Mitte des 18. Jahrhunderts durch neue technische Erfindungen und Entwicklungen von England ausgehend nach und nach die sozialen, wirtschaftlichen und industriellen Verhältnisse auf dem ganzen Kontinent grundlegend veränderte. Hinzu kam ein derartiger Bevölkerungszuwachs, dass die produktiver werdende Agrarwirtschaft auf dem Land und die Industrie der Städte die Masse an entstandener Arbeitskraft nicht mehr aufnehmen konnte. Die Folge war Massenarbeitslosigkeit. Die überschüssigen Arbeitskräfte bildeten eine „industrielle Reservearmee“. Immer mehr Menschen suchten in den schnell wachsenden Städten Arbeit in Manufakturen und den neu entstehenden Fabriken, wo durch rationellere Massenproduktion viele Produkte billiger hergestellt werden konnten.

Bezeichnend für die Revolution ist der enge Zusammenhang von sozialen und politischen Zielen. Manche rheinische Großstädte boten nach Größe und Struktur offentsichtlich in besonderem Maße den Nährboden für Proteste und Kontroversen schon im März 1848 Köln, bald darauf Düsseldorf, Neuss aber auch Krefeld und Gladbach. Auch im Kreis Kempen verbanden sich nationale Euphorie, Neugier, Unruhe und spontane Handlungsbereitschaft mit komisch anzumutenden Missverständnissen und erheblichen Fehleinschätzungen hinsichtlich der eigenen Einwirkungsmöglichkeiten. Den wirtschaftlichen Hintergrund - gerade im Kreis Kempen - bildeten die seit den 20er Jahren anhaltende Krise der Leinenweberei und die in den Jahren 1845-1847 durchlittende Versorgungskrise.

"Wenn auch der Weitzen in diesem Jahre gut, die übrigen Feldfrüchte, Kartoffel mittelmäßig geraten sind, so hat die misgerathene Roggen Erndte bedeutenden nachtheiligen Einfluß auf die Kreise sämmtlicher Consumtibilien herbeigeführt. Und:  Durch das beinahe gänzliche Missrathen der Roggen Erndte hat der Wohlstand unter den Ackersleuten viel gelitten und steht solches auch bei den Seiden und Katunwebern zu befürchten, da man überall von Fallen und von Stocken der Fabricken hört. Mit unüberhörbarer Sorge spricht Bürgermeister Johann Heinrich Kessels über die wirtschaftliche Lage in seinem Amtsbezirk, den Gemeinden Lobberich und Boisheim. Leider setzen die "Zeitungsberichte" wie die amtlichen Mitteilungen der Bürgermeister an den zuständigen Landrat zu jener Zeit genannt wurden, nach einer Überlieferungslücke von etwa zehn Jahren erst wieder mit Oktober/November 1846 ein. so dass wir für den hiesigen Raum den Beginn der krisenhaften wirtschaftlichen Entwicklung zeitlich nicht genau markieren könen. Die nachstehend beschriebene Entwicklung deckt sich jedoch weitgehend mit der Entwicklung in anderen deutschen Gegenden.

Für Lobberich vermeldet Kessels, dass die anhaltende sommerliche und herbstliche Trockenheit auf den Feldern zu erheblichen Schäden durch Mäuse und Maulwürfe geführt habe. Sorge bereitete auch die Trockenheit der Flüsse, besonders der Maas, die so wenig Wasser führte, daß dadurch der Transport der Lebensmittel aus Holland und der Brandkohlen aus Belgien gehemmt wurde .... Vor allem für die mittlere und arbeitende Klasse war die Erhöhung der Preise bereits zu Beginn des Winters spürbar. Ganz anders hingegen die Entwicklung der am Ort gewonnenen Güter: Der nidrige Stand der Fruchtpreise ist für den mittleren Landmann ziemlich drückend und wird sein Wohlstand sehr dadurch gefährdet. Der vor der Jahreswende eintretende Frost beeinträchtigte die Schifffahrt zusätzlich, so dass die Preise für heimische Frucht sich mangels Nachfrage nicht erholen konnten und andererseits der Roggen mangels Import teuer blieb.

Dasselbe galt auch für die knapper werdenden Kartoffeln. Der Zentnerpreis stieg auf einen ganzen Taler anö, wobei die Verwendung der Kartoffel zur Schnapsbrennerei zur Verknappung weiter beitrug. Bürgermeister Kessels äußerte demnach den Wunsch, daß das Branntweinbrennen auf das eigene Produkt der Grundbesitzer beschränkt sürde, un den Brennerei Inhabern kein Einkauf anderer Kartoffel gestattet würde.

Ende 1847 bot der Roggen ..... seit undenklichen Jahren nich ein so vollkommenes Aussehen ..... Auch Weizen, Kartoffeln und Gartenfrüchte verhießen eine reiche Ernte. Dennoch hatte man mangels Import weiterhin unter hohen Roggenpreisen zu leiden. Die hohen Erwartungen an die neue Ernte wurden zudem durch früh einsetzende anhaltende Hitze nicht erfüllt. Unter dieser litt auch der Gemüseertrag. Immerhin sanken die Roggenpreise auf Grund der eigenen Ernte spürbar. Wegen des Futtermangels stiegen allerdings die Preise für Butter. Die Kartoffelernte fiel auf schweren Böden zufriedenstellend, auf leichten hingegen äußerst dürftig aus. Ende November 1847 berichtete der Bürgermeister: Die Kartoffel Krankheit Fäulniss hat sich hier auch an einigen Stellen kundgegeben, aber doch nicht din dem bedeutenden Maaße, wie die Gerüchte solches überall verbreiten. Insgesamt setzt nach den Erträgen des Erntejahres 1847 eine Entspannung der versorgungslage ein.

Aus der Perspektive des Gutsbesitzers Kessels liest sich dies Ende Januar 1848 so: Die Preise der Früchte, so wie der Consumibilien fallen mit jedem Tage und dürfte(n), wenn solche noch tiefer gehen, leicht wieder nachtheilig auf den allgemeinen Wohlstand des Bauernstandes hinwirken. Für die im März ringsum ausbrechenden Unruhen bedeutet der Sachverhalt allerdings, dass die Arbeiterschaft und kleine Gewerbetreibende schwer treffende Tendenz der Teuerung nicht nur gebrochen, sondern eindeutig umgekehrt ist, für die Entwicklung der nächsten Monate ein eher deeskalierendes Moment.

Schon Ende November 1846 äußerte der Lobbericher Bürgermeister die Befürchtung, daß wegen des allgemeinen Stockens der Fabriken die Seiden- und Kattunweber schon bald mit gravierenden Einbußen rechnen müßten. Diese Erwartung schränkte er jedoch insofern ein, als die seit einem Jahr hier etablirt gewordene Fabrik in Stück und Samment und Sammentbändern ihre Arbeiter noch vollauf arbeiten läßt und sogar neue annimmt. Hierbei handelte es sich um die Stücksammet- und Sammentbandfabrik J. L. de Ball & Cie., die schon nach kurzer Zeit 400 Heimweber beschäftigte. Ende Januar 1847 hatte sich dennoch wegen der allgemeinen konjunkturellen Situation insgesamt die Anzahl der einkommenslosen Weber vergrößert. Die Absatzschwäche hatte nun auch die Sammtweberei erfasst. Wenngleich sich wegen eintretenden Frostes im Augenblick für die Arbeitslosen eine andere Einkommensquelle nicht finden liess, hatte der Gemeinderat nach Kräften Vorkehrung getroffen. Der Berschluss, einen neuen Friedhof anzulegen (den heutigen) war von der Regierung in Düsseldorf bereits genehmigt. Für die anstehenden Arbeiten stand eine Summe von 600 Talern zur Verfügung. Laut einem Zeitungsbericht vom 30. November 1846 war der Weg zum neuen Friedhof zu diesem Zeitpunkt bereits ausgehoben; die Bepflanzung mit Vogelkirschen stand unmittelbar bevor. Einige arbeitslose Weber fanden hier vorübergehend Arbeit. Die Arbeitslosigkeit nahm in den Monaten Februar und März jedoch weiter zu, wodurch der Wohlstand der ärmeren und mittleren Klasse fast gänzlich zerrüttet wurde. Die Not rief Hilfsbereitschaft hervor. So wurden von April bis zur Erntezeit 1886 schulpflichtige Kinder mittags von Einwohnern des Ortes gespeist. Als Ende Mai die Arbeiten am neuen Friedhof fast zur Hälfte bewältigt waren, wurde als neue Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Bau des Weges nach Dülken durch die Bauernschaft Rennekoven mit Thätigkeit betrieben. Ende Juli schließlich waren die Umfassungsmauern am Friedhof bis zum Einfugen fertig. Zudem sind im letzten Monat zwei bedeutende Wasserdurchlässe auf dem Wege nach Süchteln un Dülken gemacht, so wie dem letzteren eine neue Richtung durch die Bauernschaft Renkoven gegeben und snd durch dessen Erweiterung und Instandsetzung eine bedeutende Anzahl Hand- und Spanndienste verwandt worden.

Bürgermeister Kessels vermerkte in seinem Bericht vom 31. März 1848: Durch das Zusammentreten mehrerer Fabrikherren und deren Vereinbarung mit den Arbeitern über den Lohn und Vermeidung der Abzüge bei der Waaren Ablieferung sind die Unruhen und Ruhestörungen an unsren Ortschaften beschwichtigt worden. Diese scheinbar marginale Notiz ist aufschlussreich. Sie beweist zum einen, dass die angesprochenen Probleme der Heimweber mit ihren Fabrikherren auch in Lobberich existent und aktuell waren und dass auch die Lobbericher Weber die gegenwärtige politische Großwetterlage als geeignet ansahen, bestehenden Missständen und Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken. Allerdings ist die Reaktion der Fabrikherren bemerkenswert. Sie verständigten sich zunächst untereinander und waren offensichtlich imstande, den Webern eine konsensfähige Regelung zu präsentieren. Der hiermit auf Dauer gewonnene innere Friede ermöglichte es Kessels voller Stolz festzustellen: Es verdient zum Ruhm der beiden Gemeinden des hiesigen Verwaltunsbezirkes angezeigt zu werden, daß bei den in der Nachbarschaft und rings umher sich ereignenden tumultuarischen Auftritten sich auch nicht die mindeste Spur von Aufregung kundgegeben hat, auch selbst inder untersten Volksklasse sich keine Unzufriedenheit gezeigt hat.

In Lobberich ist im Gegensatz zu den Nachbarorten (z.B. Breyell) eine mangelnde revolutionäre Bereitschaft festzustellen. Nach Wilhelm Janssen war dies ein Scheitern der "Revolution" überhaupt. Für dieses Scheitern gab es auf Lobberich bezogen mehrere Gründe:

1. Die zahlenmäßig in Lobberich relativ stark vertretene bauerliche Mittelschicht sah in den damals üblichen Formen des Protestes keinen annehmbaren Weg, die eigene Situation zu verbessern. Nach der Bindungs des Wahlrechts an Grundbesitz, wie sie die Gemeindeordnung für die preußische Rheinprovinz vom 23. Jul 1845 vorsah, besaßen die Besitzer landwirtschaftlicher Anwesen in Lobberich einen geradezu überwältigenden politischen Einfluß (s.a. Optendrenk Theo, Die Richtigkeit der Wahlliste wird bestritten: Lobbericher Kommunalwahlen am Vorabend der 48er Revolution in Heimatbuch des Kreises Viersen (1999)). Für eine umfassende Diskussion der gesamtdeutschen politischen Themen fehlte in Lobberich ein öffentliches Forum, aber auch eine dazu geeignete soziologische Struktur.
2. Die kontinuierlich anhaltende Nachfrage in der Samtbandproduktion hielt einen beträchtlichen Anteil der Weber in Arbeit und Brot. Im Bereich des Stücksamtes führten die konjunkturellen Schwankungen nicht zu dauerhaften Einbrüchen. Frühzeitige Beschaffung öffentlicher Arbeit verhinderte für weitere Teile der Bevölkerung größere Not.
3. Von entscheidender Bedeutung dürfte die im März 1848 erfolgende frühzeitige Vereinbarung der Lobbericher Fabrikherren mit den hiesigen Webern im Sinne der "Krefelder Lohnlisten" gewesen sein. Ehe die revolutionären Unruhen den Ort erreichten, war eine erhebliche Ursache begründeten Protest aus der Welt geschafft.

Um 1850 erfuhr Lobberichs Wirtschaft eine erhebliche Wandlung. Man kann heute kaum mehr mit Sicherheit klären, ob es einem glücklichen Zufall, guten Verbindungen der Verwaltungsspitze oder günstig erworbenen Industriegrundstücken zu danken ist, dass um diese Zeit unvorhersehbar und plötzlich die örtliche industrielle Revolution ausbrach, die das Dorf aufweckte und im Laufe der folgenden Jahrzehnte zu großer Entwicklung führte.

Zunächst gelang es dem betriebsamen Bürgermeister Kessels, die Gebrüder Felix und Victor de Ball, deren Vater Johann Ludwig in Geldern eine Samtfabrik unterhielt, nach Lobberich zu holen. Schon Ende 1845 etablierte sich am Hinsbecker Weg Niedieckstraße) die Fa. J. L. de Ball & Cie, Stücksamt und Samtband, mit 400 Stühlen, wobei die Arbeitskräfte vor allem aus dem Reservoir der Heimweber kamen. Das Unternehmen ließ sich sehr erfolgreich an, auch die 1848 auftretenden Differenzen bei der Entlohnung für Stücksamt konnten im allseitigen Einvernehmen beigelegt werden. Um diese Zeit zahlte die Firma an Gewerbesteuer jährlich 19 Taler 15 Silbergroschen; die Betriebsinhaber Felix und Victor de Ball wurden mit je 12 Talern zur Klassensteuer veranlagt. Um 1849 wurde der Kaufmann Hermann Reifenstuhl in die Firma aufgenommen, der mit Felix de Ball einen Zweigbetrieb in Leipzig aufbaute.

Der Breyeller Boetzkes legte um 1850 in Lobberich den Grundstein zu einer Lebensmittelgroßhandlung, welche die Söhne Reinhard und Josef, die beide des Notars Döhmer Töchter heirateten, auf der Hochstraße ausbauten. Sie endete später als Kolonialwarenhandlung

1852 heiratete Eduard Istas die älteste Tochter des Bürgermeisters Heinrich Kessels. Seine Sorge für die junge Familie kennzeichnen mehrere Eingaben an die Schulbehörde, in denen er um eine Erhöhung seiner Einkünfte bittet. Eine Eingabe von 1851 gibt bereits Einblick in die Verhältnisse eines Lehrers jener Zeit. Istas schreibt, er hätte 254 Kinder zu unterrichten (zusammen mit dem Hilfslehrer), davon seien durchschnittlich jeweils 14 Kinder krank, 40 Kinder Armenkinder, so daß nur 200 Kinder das ordentliche Schulgeld von drei Silbergroschen pro Monat bezahlen. Er hätte damit, sofern das Schulgeld der Kinder voll einging, eine Einnahme von 240 Taler jährlich; dazu 30 Taler für den Unterricht der Armenkinder und seine 66 Taler Grundgehalt, zusammen 336 Taler. Hiervon müsse er 72 Taler für den Hilfslehrer bezahlen, so daß ihm nur 264 Taler blieben. Es wären ihm aber bei seiner Anstellung 270 Taler garantiert worden, weshalb er ergebenst bitte usw. Der Lehrer mußte die Schule selbst heizen und hatte gegen eine Vergütung von 9 Pfg. auch das Brennmaterial zu stellen. Ein Antrag von 1855, diese Vergütung auf 1 Silbergroschen =--- 12 Pfennig zu erhöhen, wurde vom Gemeinderat abgelehnt. Man sieht, das arme Dorfschulmeisterlein in dem bekannten Spottlied ist nicht erfunden, es hat wirklich existiert.

In Lobberich lebten im Jahre 1860 ca. 3.400 Einwohner. Neben Kirche, Rathaus, Pfarrhaus, Vikariehaus, 2 Schulhäuser und Armenhaus (Eremitage) gab es ca. 460 Privathäuser (davon in Lobberich selbst ca 170, der größere Rest verteilte sich auf die Honschaften Sittard, Bocholt, Flothend, Dyck, Rennekoven und Sassenfeld) und eine Apotheke. Der Nachbarort Breyell hatte bereits 5.200 Einwohner. Johann Heinrich Michels hatte am Hinsbecker Weg (heutige Niedieckstraße) seine Blaufärberei gegründet. Michels verfügte im übrigen auch über ein "Kosthaus" auf der Hochstraße in Lobberich. Auf manchem Bauernhof, wo bisher Flachs gesponnen wurde, begann man nun Baumwolle zu spinnen und zu spulen. Abnehmer waren u. a. die Gebrüder Felix und Victor de Ball, die ebenfalls am Hinsbecker Weg ihre Seiden- und Samtfabrik gründeten. Erster preußischer Bürgermeister wurde Johann Heinrich Kessels, Vater von elf Kindern, nicht eben arm und in durchaus verschiedenartigen Erwerbszweigen ebenso vertraut wie in den zahlreichen Sparten der Verwaltung.

                                 
                                Bürgermeister Johann Heinrich Kessels

Von Beruf in dem kleinen Örtchen waren hauptsächlich Weber, Ackerer, Knechte und Mägde sowie Tagelöhner anzutreffen. Vereinzelt gab es auch Müller, Schäfer, Fischer, Bäcker, Metzger, Schankwirte, Schneider, Schuster, Holzschuhmacher, Schreiner, Zimmerer, Maurer, Schmiede und Kleinhändler.


Um 1860 setzte eine politische und wirtschaftliche Krise ein, die auch das Samtgeschäft lahmlegte. Da die kommenden Jahre keine Besserung zu versprechen schienen, kam es am 28. Oktober 1861 zum Verkauf der Firma J. L de Ball an die jungen Mitarbeiter Hermann Reifenstuhl und Hermann van der Upwich, die damals schon die eigentliche Seele des Geschäfts waren. Das Glück war ihnen hold, als 1867 eine Besserung des Samtgeschäfts sich ahnbahnte, die längere Jahre andauerte und sich bis zur Hochkonjunktur entwickelte. Hermann van der Upwich, der  am 4.11.1835 in Nunspeet (Niederlande) geboren und im Herbst 1950 als Lehrling in die Firma eingetreten war und nun zusammen mit Hermann Reifenstuhl den Betrieb zu weltweiter Bedeutung führte. Die Firma bekam nun einen anderen Namen:  J. L. de Ball & Cie. Nachf., Seide- und Samtfabrik. Die ehemaligen Eigentümer Felix und Victor de Ball wurden als Partner beteiligt.

                                 
                                              Geheimrat Carl Niedieck

Die zweite Großfirma, welche das wirtschaftliche Geschick des Ortes bestimmte dankt ihren Ursprung der Gutsbesitzersfamilie Job. Gerh. Niedieck in Stromberg bei Münster. Die Firma de Ball war inzwischen weit bekannt geworden; auch schien sich der Raum Lobberich für eine weitere Industrieansiedlung anzubieten. Die in diese Richtung zielenden Absichten der Niedieck trafen sich mit den Wünschen des Werkmeisters Th. Mommers nach Selbständigkeit. Am l. Mai 1854 kam es zur Gründung der Samt- und Samtbandfabrik Mommers, Niedieck & Cie, Inhaber Theodor Mommers, Wwe. J. G. Niedieck und als Mitvorstand der Sohn Julius Niedieck, der einige Zeit bei de Ball volontiert hatte und auch in Leipzig tätig gewesen war, nun als Geschaftsführer ein jährliches Salär von 400 Talern bezog und für eigene Rechnung der Großhandel in den Firmenerzeugnissen betrieb. Als weitere Fachkraft trat sein jüngerer Bruder Carl Niedieck (1836-1911) nach Beendigung seiner Volontärzeit in einer Lyoner Seidenweberei, wo er auch 1859 einige Zeit weilte, als Mitinhaber ein. Sein Eintritt bedeutete die Erweiterung der Produktion von Samt und Samtband um Seidenstoffe. Als der Teilhaber Mommers einsehen mußte, dass sein  umfassendes Fachwissen den neuen Erkenntnissen und dem kaufmännischen Geschick der jungen Niedieckbrüder nicht mehr gewachsen war, entschloss er sich nach Empfang einer entsprechenden finanziellen Abfindung zum Austritt aus der Firma zum 31. Mai 1865, begründete aber sofort ein eigenes Unternehmen, zu dem bereits einiges gesagt worden ist.

Carl Niedieck hatte schon 1863 mit dem Bankier Heinrich Schölvinck aus Coesfeld auf der  Breyeller Straße (am Windmühlenbruch) ein eigenes Unternehmen aufgebaut, das sehr bald 240 mechanische Samtbandwebstühle in zwei Websälen aufstellte, die von einer Lokomobile angetrieben wurden, und mit der Herstellung von festkantigem Doppelsamtband Erfolge erzielte. Beide Niedieckunternehmen schlossen sich am 1. Juni 1865 zur Fa. Niedieck, Schölvinck & Co. zusammen (Julius und Carl Niedieck sowie Kommerzienrat Ferdinand Niedieck in Münster und Bankier Schölvinck als Kommanditisten). 1867/71 zahlte diese Firma jährlich 72 Taler Gewerbesteuer, während die Fa. Mommers/Niedieck & Cie. für 1861 noch mit 104 Talern veranschlagt worden war. Im Jahre 1871 trat Schölvinck aus. Nun waren Julius und Carl Niedieck unter sich. 1876 wurde der mechanische Betrieb - als erster in Deutschland - auf Stücksamt ausgedehnt. Das Jahr 1876 wurde für die Firma von entscheidender Bedeutung. Aus dem am 23. November mit dem Webermeister Anton Tappeser geschlossenen Vertrag resultierte die Entwicklung eines vollmechanischen Webstuhls für Doppelsamt, was zu einer Massenproduktion, zur Erweiterung der Betriebsanlagen, zum Aufkauf schwacher Konkurrenzbetriebe, aber auch zu Arbeitslosigkeit, Streiks und Unruhen führte. Die Niediecks engagierten Tappeser und zwei seiner Mitarbeiter - alle drei waren vorher in Viersen für die Konkurrenz (Fa. Kreuels & Better) tätig gewesen - und erwarben den von ihnen entwickelten Modellstuhl für 1500 Taler. Unter Mitarbeit des aus der Schweiz stammenden Technikers Steiger konnte der erste Kraftstuhl schon 1877 in Serie gehen, womit eine Monopolstellung der Firma begründet wurde. Die Leistungsfähigkeit der 1881 bei Niedieck laufenden neuen 430 Stühle war 15 mal so hoch wie die der Handwebstühle. Daß sich hieraus eine Anzahl von Problemen ergab wie Umschulung, Betriebserweiterung, Verringerung der Arbeitsplätze, Produktionssteigerungen und Schwierigkeiten bei technisch weniger gut ausgerüsteten Betrieben bedarf keiner weiteren Darlegung. Die Firma Niedieck kaufte folgende Unternehmen: Mommers 1879; Samtweberei Braßeier und Co., um 1875 gegründet, 1885; Stoffweberei Fritz Winnertz, die aus Krefeld nach Lobberich verlegt hatte und hier mit 160 mechanischen Seidenwebstühlen arbeitete, 1889; Jacquard-Samtweberei Jac. Bürhaus & Co./ vor 1890 gegründet, zuletzt bei Arbeitszeitverkürzung nur noch 30 Beschäftigte, 1902; schließlich die ehemalige Samt- und Samtbandfabrik Franz Beckmann in Breyell (auf dem Gelände der heutigen Firma Rötzel) mit etwa 100 Beschäftigten im Jahre 1907. Die Produktion in Breyell zeigte jedoch kein befriedigendes Ergebnis, so dass sie hier bald wieder eingestellt wurde.

Im September 1861 kam es zur Gründung des Lobbericher Turnvereins. 1. Präsident wird Clemens Tillenberg. In der Generalversammlung werden die Gebrüder Julius und Carl Niedieck als Mitglieder aufgenommen. In der Turnbewegung spiegelte sich seinerzeit der auch innenpolitisch in Preußen und dem Deutschen Bund sattsam ausgetragene Kampf - im Sinne des 19. Jhd. - demokratischer und liberaler Kräfte. Das Maß an vormilitärischen Elementen im Turnen unterschied ihre Auffassungen besonders. Der Streit, ob der Barren Bestandteil schulischen Turnens zu sein habe, bekam unter diesem Aspekt politische Bedeutung. In dieser Situation setzte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. 1862 die obligatorische Einführung des Turnunterrichts für Jungen an allen preußischen Volksschulen durch. Ein dem Grunde nach moderner und einem von vielen Seiten lange gehegten Wunsch entgegenkommender Schritt. Amtlich und verbindlich wurde die Einführung des Turnunterrichts in Preußen dadurch, dass der König am 28. Februar 1862 den "Leitfaden für den Turnunterricht in den preußischen Volksschulen" genehmigte. Danach sollte laut Verfügung der Innenabteilung der Düsseldorfer Regierung "fortan in allen Volksschulen der Unterricht der männlichen Jugend in den gymnastischen Uebungen ertheilt" werden. Lobberich erhielt Ende Juni 1862 sechs Exemplare dieses Leitfadens. Bürgermeister Kessels berichtet am 27. September 1862, dass der "mit Mauern vollständig umngebene Spielplatz an dem neuen Schulgebäude" sich als Turnplatz eigne. Für die erforderlichen Geräte werde "gehörig gesorgt werden". Und außerdem: Fast alle Schüler der 1. Klasse sind als Turnschüler bei dem hiesigen Turn Verein aufgenommen". Die Aufnahme des Turnunterrichts in den Stundenplan meldete der Bürgermeister am 27. März 1863.

Am 19. August 1864 wird der Grundstein für ein "neues Rathaus" gelegt.  (Bei Arbeiten im "alten Rathaus" im Jahre 2000 stieß man im Keller im ältesten, vom Betrachter aus linken Teiles auf den Grundstein mit der Aufschrift: 19. August 1864). Im Grundstein selbst werden ein schmuckloses Blatt mit einem schlichten Gedicht und eine Urkunde aufbewahrt, die folgenden Text hat:

"Im Jahre 1864 am 19. August zu Lobberich an dieser Stelle der Grundstein zu einem neuen Rathause und Friedensgerichts-Gebäude gelegt und zum Andenken hieran, sowie zum Gedächtnisse zukünftiger Zeiten diese Urkunde nebst einer kurz gefaßten Chronik von Lobberich errichtet und von den Unterzeichneten vollzogen worden."

Chronik: Lobberich ist seit längeren Jahren mit den umliegenden Bauerschaften zu einem Land-Gemeinde-Verband und zu einer Bürgermeisterei vereinigt und bildet seit 1827 bis wohin es zum Canton Wankum gehörte mit den Bürgermeisterei Breyell, Boisheim, Grefrath, Kaldenkirchen und Bracht den Catnon oder Friedensgerichts-Bezirk Lobberich mit dem Sitze eines Friedensrichters und Notars. Die Bürgermeisterei Lobberich zählt gegenwärtig 3560 Einwohner, welche sie größtentheils vom Ackerbau und von der Sammetweberei ernähren und sich bis auf einen geringen Bruchtheil zur katholischen Confession bekennen. Sie hat 1 katholische Kirche, 2 Elementar-Schulen mit 3 Lehrern und eine höhere Schule, welche von einem Rector geleitet wird. An der Kirche fungieren gegenwärtig 3 Geistliche. Der Ort zahl augenblicklich a, an Grundsteuer 2400 Thaler b an Klassensteuer 3210 Thaler, c, an Gewerbesteuer 723 Thaler und an Communalsteuer 4854 Thaler. In Lobberich sind zur Zeit 2 größere Sammet-Fabriken thätig und der ganze Ort sieht der frohen Hoffnung entgegen, daß er bald durch den gegenwärtig in Angriff genommenen Ausbau einer Eisenbahn von Venlo nach Viersen und von Venlo nach Kempen mit der übrigen Welt in eine leichte Verbindung treten wird.

So geschehen zu Lobberich am Tage wie oben
Der Bürgermeister    Der Friedensrichter  Der Pfarrer    Der Notar
Winkelmann              de Fries                   Krins            Döhmer

             
                 Grundsteinlegungsurkunde des Lobbericher "alten" Rathauses
                                        vom 19. August 1864


Leider fehlen uns Bauakten und fast alle Nachrichten über den Verlauf des Entscheidungsprozesses. Eine Anzeige im Kempener Kreisblatt vom 9. Juli 1864 ist interessant: "Der Neubau des hiesigen Rathauses, enthaltend das Gemeindebüro, die Friedensgerichts- und Gefängnißlocalien s woe die Wohnung des Gefangenenwärtes veranschlagt zu 4165 Thlr. 14 Sgr 7 Pf. soll im Wege schriftlicher Submission verdungen werden". Aus den Gemeinderatsprotokollen und den darin enthaltenen Gemeindeetats ist zu entnehmen, dass die Gemeinde Lobberich diese Summe größtenteils nicht verfügbar hatte, sondern für den Bau einen Betrag von 3600 Taler zu einem Zinssatz von 4 1/2 % bei der Rheinischen Provinzial Hülfskasse aufnehmen musste.

Im Jahre 1865 wird der Lobbericher Gesellenverein gegründet. Der katholische Gesellenverein sollte eine Antwort sein auf die Alltagssorgen und Orientierungsfragen, speziell der katholischen Handwerker. Der "Katholische Gesellenverein" wurde im Jahre 1846 von Adolph Kolping, ehemaliger Schuhmachergeselle in Elberfeld gegründet. Die Lobbericher Gründungsinitiative ging von den Handwerkern W. Hegholz, Fr. Gartz und B. Langen aus. Der damalige Pfarrer Peter Heinrich Krins unterstützte die Initiative. Gründungspräses wurde der Geistliche Gerhard Pickers.

          
                                           Haus Ingenhoven um 1860

Nach 26 Jahren Pfarrtätigkeit verstarb Pfarrer Krins mit 65 Jahren am 8.7.1867. Sein Nachfolger wurde Ludwig Hegger geboren 1825 in St. Tönis und in Münster 1851 zum Priester geweiht. Nach Tätigkeiten als Kaplan in Hamborn, Dülken und Kevelaer und als Direktor der Erziehungsanstalt in "Haus Hall" bei Gescher, wurde er am 24. Oktober 1867 als Pfarrer in Lobberich eingeführt.

                                      
                        Pastor Ludwig Hegger (*23.10.1825 St. Tönis) von 1867-1902
                          Unter diesem Jubilarpriester wurde die Neue Kirche gebaut.

Durch die Fertigstellung der Eisenbahnlinie Venlo-Kempen war Lobberich seit dem 1.1.1868 verkehrsgünstig angebunden. Davon profitierten sicherlich die am Hinsbecker Weg angesiedelten neuen Werke der Fa. de Ball; aber auch Transportunternehmen (Jacob Föhles, J.M. Feikes, Anton Faes, W. Sanders, Jos. Reifges, Hubert Plönes) bekamen ein "Stück des Kuchens" ab. 1874 wird Theodor Stankeit aus Düsseldorf Bürgermeister in Lobberich. Er sollte das Amt bis zum Jahre 1886 innehaben. Das ständige Wachsen der Einwohnerzahl, das Lobberich in den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts erlebte, stellte die Gemeine bei der schulischen Versorgung vor neue Aufgaben von erheblichem Ausmaß, so erfolgte 1868 die Eröffnung der Schule an der Burgstraße,die abedr auch vorübergehend im "Brackelmann'schen Haus" an der Süchtelner Straße untergeracht war. Die Schulräume befanden sich bereits 1875 in einem sehr schlechten Zustand, was bei einer Revision festgestellt wurde: Zwei Knabenklassen und eine Lehrerwohnung befänden sich in mangelhaftem Zustand; auch die Räume für die beiden Mädchenklassen seien ganz unzureichend, die Wände ganz feucht". Das alte Schulgebäude war 1868 aufgestockt worden. Vorher schon hatte man die alte Posthaltestelle Brackelmanns (Süchtelner Straße) notdürftig zu einem Schulraum umgerüstet. Bezeichnend für die damalige Raumnot ist, dass der Saal der Gaststätte Trittermann (Breyeller Straße) für die Errichtung von zwei weiteren Klassen angemietet werden musste. Als 1880 vier neue Räume durch den Neubau an der Ecke Steeg- und Neustraße (heute Ecke Steeger- und Neustraße) entstehen, ist der Mangel nur für kurze Zeit behoben.

Wann die ersten Gedanken an eine Erweiterung der alten gotischen Kirche gefasst wurden, ist nicht bekannt. Vielleicht hat sich Pfarrer Ludwig Hegger schon bald nach seinem Amtsantritt im Jahre 1868 mit Überlegungen dieser Art befasst, mit Sicherheit jedoch schon in den früher 70iger Jahren. Der engste Beraterkreis war der Kirchenvorstand, dem um das Jahr 1870 die Herren Dammer, Schmitter, Thielen, Kessels und Färvers (nach dess Tod Peter Johann Dörkes) angehörten. Außer Pfarrer Hegger nimmt auch regelmäßig der Bürgermeister Maximilian Winkelmann (ab 1874 Theodor Stankeit) an den Beratungen teil. Eine Notiz aus dem Protokoll der Kirchenvorstandssitzung vom 23. November 1874 deutet auf bauliche Vorhaben an der Kirche, die überdurchschnittliche Ausgaben erforderlichen machten. Der "Kirchenrath" - wie sich der Kirchenvorstand eine Zeitlang nennt, beschließt an diesem Tage, dass "die Kollekte zum Kirchenbau einzustellen sei, da mehrere Bewohner die fernere Zahlung von Beiträgen geweigert hätten".

                                
                             Bürgermeister Theodor Stankeit (1874-1886)
                                         * 20.08.1848 Düsseldorf

Die "Lobbericher Konzentration" führte zu außerordentlicher Produktionssteigerung vor allem in Baumwollsamt mit großem Englandgeschäft, in Plüsch, in den Färberei- und Ausrüstungszweigen wie in der Stoffabteilung. Während im Jahre 1876 bei und von Niedieck 304 Personen beschäftigt wurden, waren es um 1880 fast 2000; im Jahre 1891 fiel infolge der Automation die Zahl der Arbeiter und Angestellten auf 1560 bei 890 mechanischen Webstühlen, 1900 auf 1500, was allgemein zu großer Not besonders bei den Handwebern führte. Zur Linderung dieser Not kam es zur Bildung eines Fonds, wobei die Fa. Niedieck die stattliche Summe von 20 000 Mark spendete, auch ein Beweis der Finanzkraft dieses Unternehmens. Um 1880 war ihr Feuerversicherungswert 3,9 Mio. Mark.

Am 8. August 1874 konstituiert sich nach Bemühungen von Bürgermeister Theodor Stankeit in Lobberich eine erste Freiwillige Feuerwehr, die sich zum Teil aus Freiwilligen des Turnvereins zusammensetzt. Wenig später um 1878 wird das erste offizielle Spritzenhaus mit Anschluss an den Schulneubau an der Steeger-/Ecke Neustraße eröffnet. Meinungsverschiedenheiten waren letztliche die Ursache dafür, dass diese erste Freiwillige Feuerwehr Ende Juli 1977 wieder auflöste.

Die unternehmerische Tätigkeit der Firmen de Ball und Niedieck führte in Lobberich zur Einrichtung von Betrieben gleicher oder ähnlicher Struktur, aber auch anderer Betriebsarten. Es seien hier außer den früher erwähnten genannt:

  1. Die um 1875 auf der Bahnstraße gegründete Appreturanstalt Weinsheimer, in die 1880 Jacob Kochen als Teilhaber eintrat. Nach Austritt von Weinsheimer beschäftigte sie als Fa. Aloys Kochen zunächst 50, 1897 nur noch 28 Arbeiter. Sie lief nach dem ersten Weltkriege aus.

  2. Fa. Durst & Krey/ Färberei in Krefeld und in Lobberich - Bleichstraße (1893/ 1895, 1903), 1906 und später Inhaber Josef Krey; 1935 Fa. Krey &. Cleven, Weberei und Veredelungsanstalt GmbH, 1971 Longlife-Teppichwerke Krey & Cleven GmbH und Web- und Veredelungsanstalt auf der Niedieckstraße.

  3. Die Webutensilienfabrik Tohang & Co., die einen gleichartigen Betrieb in Krefeld hatte, hier 61 Personen beschäftigte und im Jahre 1900 nach vierjähriger Tätigkeit wieder aufgab.

  4. die Geschäftsbücherfabrik van den Bergh (1874), die am l. Dezember 1878 von der Fa. Halfmann & Kaiser aufgekauft wurde.

1880 begründet Emil Wagemans die vornehmlich auf Grabmonumente und -kreuze ausgerichtete Steinhauerei für Sandstein und Marmor. Erstmals wird in der erscheinenen Zeitung Rhein und Maas die Badeanstalt am Breyeller See erwähnt. Ob dies auf eine Neueröffnung durch den damaligen Besitzer Albert Ludwigs hinweist, bleibt offen. Auf jeden Fall betrieb Ludwigs 1880 bereits eine Gastwirtschaft mit Gartenwirtschaft und bot Kahnfahrten an. Viele Veranstaltungshinweise belegen, dass die Gartenwirtschaft von Albert Ludwigs schon damals ein besonders anziehende Ort der Erholung war. Auch das karnevalistische Treiben hatte nicht nur auf der Heide, sondern auch am Flothend Fuß gefasst. Ebenfalls um 1880 richtete der aus Viersen stammende Buchdrucker Eduard Peters in Lobberich, Marktstraße, eine Buchdruckerei mit Buchhandlung und Verlag (Rhein- und Maaszeitung) ein.

Desweiteren entstand Im Bereich Papier und Druck  um 1880 die Litographische Anstalt Jäger, Breyeller Straße; 1886 Fabrikant und Kaufmann Carl August Jäger; 1895/97 als Fa. Jaeger & Barbeer mit 25 Beschäftigten, die aber Ende Oktober 1897 fallierte. Danach Fa. Niederrheinische Kunstdruckerei H. Jäger mit 33 Beschäftigten. Nach Tod von C. A. Jäger (1909) erlosch die Firma.

Im September 1880 eröffnet Johann Dümpelmann auf der Hochstraße 13 eine Schmiede und bietet seine Dienste speziell für das Pferdebeschlagen an. Im Jahre 1882 wurde von der Firma Niedieck die große mechanische Bandfabrik an der Süchtelner Straße eröffnet. 1884 folgte die Errichtung der Färberei mit späterem großen Ausbau; seit 1885 färbte man Glanzplüsche im Stück, der erste Fall dieser Art in Deutschland. 1889 wurde die mechanische Seidenweberei und Färberei für glatte Seidenstoffe aufgebaut. 1886/87 gab es aber auch schon erste Klagen über die Verschmutzung des Windmühlenbruchs durch Abwässereinleitung. Ebenfalls im Jahre1880 erfolgte der Schulneubau an der Jahnstraße (heute Steegerstraße / Ecke Neustraße).

Im Topographisch-Statistischen Handbuch (Band II)  für das "Reichs-Postgebiet" ist auch Lobberich aufgeführt:

Lobberich, Ober-Postdirections- und Regierungs-Bezirk Düsseldorf
Kirchdorf, Kreis Kempen, Bürgermeisterei Lobberich, Station der Kempen-Venloer-Eisenbahn, 10 Km nordwestlich von Viersen, 8 Km von der niederländischen Grenze, in fruchtbarer Ebene. Westlich vom Orte ziehen sich die vonder Nette, einem Nebenflüsschen der Niers gebildeten 79 ha grossen Breyeller Seen hin. Das Kirchdorf hat 2.919, die Gemeinde 5.016 fast durchweg katholische Einwohner. Neben Landwirthschaft wird auf 400 Handstühlen Sammt- und Sammetbandweberei betrieben. 3 mechanische Sammentbandwebereien, Dampfappretur für Samment, Geschäftsbücherfabrik mit Dampfbetrieb, lithographische Anstalt mit Dampfschnellpresse, Destillerie, 3 Bierbrauereien, 2 Oelmühlen, 3 Ziegeleien. Steuer-Kasse, Friedensgericht. Postamt III. Klasse mit Telegraphenbetrieb, Eisenbahn-Telegraphenstation dem Publikum geöffnet. Posthalterei; Personenpost Lobberich - Breyell; Botenpost nach Hinsbeck. Postbriefkasten im Orts- nd Landbezirk: 1,1. Zahl der ankommenden bzw. abgehenden Land- und Eisenbahnposten: 16,16. Eingegangene bzw. aufgegebene Briefsendungen: 63.400, 57.100. Eingegangene bzw. aufgegebene Packete: 6.400, 11.600. Zahl der Postreisenden: 1.738 Personen.


1883 begründet Johann Hespers eine 100jährige Geschäftstradition, der sich als Sattler und Polsterer auf der Süchtelner Straße niederläßt. Seine Geschäftsräume verlegt er in der Folgezeit zur Hochstraße 47.  Maria vom Berg etabliert sich auf der Bleichstraße 48 als Kostumnäherin, ebenso wie die Geschwister von Krüchten dies im elterlichen Hause auf der Hochstraße tun. Nachdem de Ball an der heutigen Niedieckstraße (früher: Hinsbecker Weg, später Bahnstraße) eine weitere Fabrik errichtete, expandierte die Lobbericher Textilindustrie, zumal die Gebrüder Niedieck ebenfalls erfolgreich waren. Mit einer Beschäftigtenzahl von ca 300 Ende der 70iger Jahre gehörte Niedieck zu den größten Webereien im Regierungsbezirk Düsseldorf. Im Jahre 1884 begann Niedieck mit dem Aufbau einer eigenen Färberei. Der bis dahin so erfolgreichen Hausweberei war auf Dauer chancenlos. Erhebliche Einkommenseinbußen der Hausweber stand ein ein bis dahin nicht gekannter Wohlstand der Fabrikarbeiter gegenüber. 1886/87 gab es aber auch schon erste Klagen über die Verschmutzung des Windmühlenbruchs durch Abwässereinleitung.

                                 
                              Geheimer Kommerzienrat Hermann van der Upwich
                           Seinem Wirken ist es zu verdanken, dass es in den
                           1960er Jahren zur Gründer der van-der-Upwich-Schleßchen
                           Stiftung kam.


Im Februar 1884 eröffnet Arnold Krüssen auf der Bahnstraße 13 eine "Handlung mit Colonialwaren". Er offeriert gebrannten und rohen Kaffee jeweils in mehreren Sorten. Im gleichen Jahr besitzt Heinrich Coenen für seine Reparaturwerkstraße (u.a. für Jagdgewehre und Revolver) "vis à vis der de Ball'schen Fabrik" also auf der Bahnstraße ein Geschäftslokal. Im September 1885 verlegt er seine Haupterwerbsquelle, die Ofen- und Bauschlosserei, zum Markt 7, verlegt.

Am 1. Mai 1884 vollzog sich die erneute Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr in Lobberich nach dem Bürgermeister Stankeit in der Zeitschrift "Rhein und Maas" die ehemaligen Mitglieder der aufgelösten Feuerwehr aufforderte, "eine große Anzahl Ausrüstungsgegenstände (Gurte, Bele, Haken, Mützen u.s.w), die zum größten Theile im Besitze der Mitglieder geblieben sind" diese "schluenigst abzuliefern".

Zu Karneval 1885 wird von Albert Ludwigs zur Dröppkes-Sitzung "im Ludwigshafen" eingeladen; und wenn Ludwigs "schönen Mauersand" anpreist, wird noch mancher an die früher gegenüber dem Hause gelegene Sandgrube denken

            
               Die Badeanstalt und Gartenrestauration von Albert Ludwigs am Breyeller See
               waren Anziehungspunkt für Groß und Klein. Kahnfahren konnte man bereis 1880
               "Die Badeanstalt diente durchaus der Körperhygiene, ihre Angebote wurden den Erforder-
                nissen und Möglichkeiten der Zeit gemäß verbessert: "Zellenbäder zum Alleingebrauch
                fanden regen Zuspruch (Rhein und Maas v. 13.5.u.24.6.1893)
               

Im Jahre 1885 nahm ging der Lobbericher Bevölkerung das "Gaslicht" auf. Mit Hilfe eines Darlehns der Sparkasse Lobberich wurden Gasleitungen in Lobberich verlegt, die eine Straßenbeleuchtung ermöglichte und vielen Haushalten nützlich waren. Ein neuer "Gasometer" für die Gasfabrik der Firma Niedieck hatte die Gemeindeväter dazu veranlaßt, in der Gemeinderatssitzung vom 18.3.1887 den Tagesordnungspunkt "Gasanlage" zu genehmigen. Bereits am 10. September 1887 erstrahlten Lobberichs Straßen im Glanz der Gaslaternen. Handel und Handwerk im Ort reagierten prompt. In der "Rhein und Maas" erscheinen Anzeigen wie von dem auf dem Markt ansässigen Kupferschmied Josef Dickmann für die Installation von Gas-, Dampf-, Kalt- und Warmwasserleitungen und verweist auf eine reichhaltige Auswahl von Gaslampen. Johann Pickers (Hochstraße) sieht sich bei den anstehenden Gasanlagen in einem  Wettbewerbsvorteil "mit Rücksicht auf die reichen Erfahrungen" die er in anderen Städten gemacht hat. Das Gasnetz wird durch die Kölner Firma Wiegand gelegt. Im Februar 1885 eröffnet an der Ecke Breyeller- und Kirchhofstraße der Maler und Anstreicher Heinrich Engbrocks sein Lager an Tapeten, Läufern und Teppichen, dazu Stroh-, Leder-, Kokos- und Korbmatten sowie Spiegel- und Fensterglas und August Krummeich übernimmt auf der Breyeller Straße 72 die frühere Riethersche Gaststätte, die vor allem Heimat des Turnverein Lobberichs wird. Da es Turnhallen nicht gibt, werden Training und Schauturnen im Saale Krummeich abgehalten.

Auf der Alleestraße (Düsseldorfer Straße) eröffnet Joseph Ramachers eine Bäckerei und Konditorei. Im Hause Hochstraße 57 (manche kennen noch den Begriff "Ewige Lampe") übernimmt Albert Horstmann die von Joachim Zanders gegründete Gastwirtschaft. Horstmann weiß seinen Zweitjob als Auktionator und "Rechtsconsulent" mit seiner Gastronomie einträglich verknüpfen. Auch gegen Hunger bietet er Abhilfe: Zu Beginn des Jahres 1891 kosten ein "Wiener Schnitzel mit Kartoffeln 50 Pf, Ragout mit Kartoffeln 35 Pf, Hämmchen mit Sauerkraut und Kartoffelpüree 60 Pf. Ein Glas hiesigen Bieres (etwa aus der Brauerei von Jacob Huenges), kostet über Jahre konstant 10 Pf, für pickfeines Münchener Bier im Anstich muss man 15 Pf auf die Theke legen.

Ebenfalls im Jahre 1885 eröffnet an der Ecke Breyeller- und Friedhofstraße der Maler und Anstreicher Heinrich Enbrocks sein Lager an Tapeten, Läufern und Teppichen, dazu Stroh-, Leder-, Kokos- und Kormatten sowie Spiegel- und Fensterglas, vom folgenden Jahr an "Farb- und Glaswarenhandlung" genannt. August Krummeich übernimmt auf der Breyeller Straße 72 die frühere Riethersche Gaststätte, die vor allem Heimat des Turnvereins wird. Da es Turnhallen nicht gibt, werden Training und Schauturnen im Saale Krummeich abgehalten. 

Ebenfalls seit 1885 besitzt Lobberich ein Krankenhaus. Die Anregung zur Gründung eines Krankenhauses geht auf Pfarrer Ludwig Hegger zurück. (s. Kreisarchiv: Denkschrift vom 24.2.1869) Aber 1869 kam es nicht zur Gründung, weil man sich in Lobberich nicht über die Trägerschaft einigen konnte und außerdem keine Mittel vorhanden waren. Lobbericher Kranke wurden seinerzeit im Krankenhaus Hinsbeck untergebracht und betreut. Im Sommer 1882 ergriff die Gemeinde die Initiative für den Bau eines Krankenhauses, nachdem sie sich vorher mit Pfarrer Hegger über die Trägerschaft zu ihren Gunsten geeinigt hatte. Ein Finanzierungsangebot ortsansässiger Industrieller hatte den Anstoß gegeben. Im Juli/August zirkulierte in deren Kreisen eine Zeichnungliste, auf der 28 Spender insgesamt 28.000 Mark zur Verfügung stellten. Die Liste wurde angeführt von J.L. de Ball & Co. Nachfolger mit 10.000 Mark. Julius Niedieck 5.000 Mark, Carl Niedieck 5.000 Mark. ImVorwort der Liste hieß es:

"Die unterzeichneten Fabrikanten Julius und Carl Niedieck, Hermann van der Upwich und Hermann Reiffenstuhl traten heute mit dem Pfarrer Hegger und Bürgermeiseter Stankeit in Lobberich zu einer Beratung über die Errichtung eines Krankenhauses zusammen und verpflichteten sich zu diesem Zwecke, die nachstehend angegebenen Geldbeträge der Gemeine Lobberich zu folgenden Bedingungen anzubieten:
1. Die Gemeinde verpflichtet sich
a. binnen drei Jahren ein Krankenhaus für die Gemeinde Lobberich zu erbauen, einzurichten und in Verwaltung zu nehmen
b. sofort diejenigen Schritte zu tun, welche dazu erforderlich sind, eine Niederlassung von mindestens vier Krankenschwestern zur Übernahme der hiesigen Krankenpflege zu erlangen, die Schwestern zu unterhalten und sobald als tunlich provisorisch ein Krankenhaus durch Beschaffung von Mietsräumen einzurichten und in Betrieb zu setzen
2. Die gezeichneten Beträge werden mit dem Tage, wo die Gemeindevertretung die Annahme ausspricht, der Gemeinde zur Verfügung gestellt und ihr bis zum Tage der Zahlung mit fünf Prozent verzinst.
3. Kommt die Gemeinde ihren Verpflichtungen nicht nach, so fallen die Beträge an die Zeichner zurück.
4. Bezgülich der Auswahl des Bauterrains ist die Zustimmung der Unterzeichneten einzuholen. Diese erklären sich jedoch schon jetzt ihr Einverständnis, wen das Krankenhaus in der Nähe der Pastorat oder der Eremitage errichtet wird.
Schließlich erklärt Herr Pfarrer Hegger, daß auch er die Errichtung eines Krankenhauses für ein Bedürfnis erachte, sie gern zu fördern und ebenso bereit sei, die für diesen Zweck früher gesammelten Beträge von 900 bis 1000 Mark unter den selben Bedingungen wie vorstehend zur Verfügung zu stellen."

Wichtigstes Ergebnis dieser Vereinbarungen war neben der Finanzierung die Einigung über die künftige Trägerschaft des Hauses und die Zusammenarbeit aller an dem Projekt interessierten Kreise. Die Gemeinde entschied sich alsbald für die Annahme der Stiftungsgelder und wählte am 22. September 1882 eine Krankenhauskommission, der außer sechs Gemeinderatsmitgliedern die Herren Hegger, Niedieck und van der Ball angehörten. Den Vorsitz führe der Bürgermeister, der am 24. November die Zustimmung der Aufsichtsbehörde erbat. Schon am 24. November schlug der Kreisphysikus Dr. Farbeek vor, man möge für das Lobbericher Krankenhaus auch die Nachbargemeinden Kaldenkirchen und Breyell gewinnen, da Lobberich wegen seiner günstigen Lage sicher noch eine beachtliche Entwicklung nehmen werde. In Lobberich fand dieser Vorschlag jedoch wenig Gegenliebe, da man langwierige Verhandlungen und sogar Schwierigkeiten fürchtete, die den Bau des Hauses hinausschieben könnten.

Als am 26. Februar 1883 die Genehmigung der Oberbehörde zur Annahme der Stiftungsgelder ausgesprochen wurde, war der Weg für die Planung frei. Auf die Errichtung eines Krankenhauses in Mieträumen, wie sie die Schenkgeber als Übergangsmöglichkeit angedeutet hatten, verzichtete man und trieb stattdessen die Planung für eine endgültige Lösung schnell voran. Über den Bauplatz war man sich bald einig, Man wählte ein Grundstück aus dem Besitz des Pastorats an der Sassenfelder Straße für 5.000 Mark aus. Auch Franziskanerinnen wurden von Direktor Roß in Münster zugesagt. So blieb als schwierigste Aufgabe der Bau des Hauses. In einem vom Niederrheinischen Verein für Gesundheitspflege in Köln eingeforderten Gutachten wurde die in Lobberich verfügbare Summe von 30.000 Mark als sehr bescheiden bezeichnet. In den meisten Gemeinden habe man auch für kleine Häuser wesentlich mehr aufgewandt. Auch der Direktor der Franziskanerinnen konnte kein Modell für die Lobbericher Pläne nennen. Nach seiner Meinung war die Mehrzahl der bis dahin existierenden Krankenhausbauten zu aufwendig und überdies oft unpraktisch Die Lobbericher Baukommission setzte sich schließlich mit dem Kreisbauinspektor N. Everding in Krefeld zusammen. Er lieferte einen Entwurf, der mit manchen von Direktor Roß vorgeschlagenen Änderungen schließlich ausgeführt wurde. Der Kostenanschlag nannte als Bedarf 33.000 Mark, die durch Schenkungen und ein Darlehen aufgebracht werden sollten.  Den Bau führte die Lobbericher Firma Tümmers aus.

Als er noch in den Anfängen steckte, schlossen die Direktrion der Franziskanerinnen von St. Mauritz in Münster und der Krankenhausvorstand folgenden Vertrag:

1. Die Pflege der im Krankenhaus zu Lobberich befindlichen Kranken und die Führung des Haushalts wird den Schwestern aus der Genossenschaft der Krankenschwestern des hl. Franziskus zu St. Mauritz übergeben.
2. Die Zahl der Schwestern für das gedachte Krankenhaus wird vorläufig auf drei festgesetzt. Das Mutterhaus sendet die Schwestern und bleibt in Bezug auf Wechsel stets ungehindert. Sollte die Anstalt sich erweitern oder mit Kranken so überfüllen, daß die Kräfte von drei Schwestern den Dienstleistungen und Arbeiten nicht mehr gewachsen sind, so wird sich der Vorstand wegen der Sendung weiterer Schwestern an das Mutterhaus wenden.
3. Die Schwestern übernehmen die Pflege sämtlicher im Hospital befindlichen Kranken ohne Unterschied der Konfession in Gemäßheit und nach Anweisung ihrer Ordensregeln. Jedoch sind ausgeschlossen: a. die Wöchnerinnen als solche, b. die Tobsüchtigen und Geisteskranken sowie alle Kranken, welche den Schwestern oder der Anstalt gefährlich werden können, c. die Kinder unter drei Jahren. Die an der Syphilis leidenden sind von der Pflege nicht ausgeschlossen, jedoch darf die örtliche Behandlung nicht von den Schwestern vorgenommen werden. - Soweit die Zeit und Kräfte es erlauben, pflegen die Schwestern auch die Kranken in den Privathäusern der Gemeinde Lobberich mit Ausnahme der Krätzkrankheiten und der mit Kopfgrind behafteten Kinder.
4. Die Haushaltung wird von den Schwestern selbständig geführt. Alles hierzu Notwendige beschafft der Vorstand. Die Schwester Vorsteherin hat über Einnahme und Ausgabe Buch zu führen, dieses halbjährlich am 1. Januar und 1. Juli dem Vorstand vorzulegen und sich dessen Richtigkeit attestieren zu lassen. Sie soll überdies gestatten, daß monatlich Einsicht genommen werde.

5-7. Den Schwestern darf in keiner Weise und von keiner Seite ein Hindernis gelegt werden, nach ihren Ordensregelen zu leben. Sie erhalten im Krankenhaus alles zu ihrem eigenen Unterhalt Erforderliche, die Keidung allein ausgenommen, welche vom Mutterhaus besorgt wird. Andauernd unfähig gewordene Schwestern nimmt das Mutterhaus zurück und ersetzt sie durch taugliche.
8. Die aus notwendigen Reisen der Schwestern entstehenden Kosten (erste Entsendung, Rückkehr ins Mutterhaus usw.) fallen dem Krankenhaus zur Last. Ebenso trägt bei plötzlichen und temporären Krankheitsfällen der Schwestern das Krankenhaus die Kosten der ärztlichen Behandlung und Arznei. Die Reisekosten, welche aus sonstigem Wechsel und Reisen der Schwestern im Interesse des Ordens entstehen, trägt das Mutterhaus.
9. Dem Mutterhaus werden jährlich 75 Mark für jede Schwester am ersten Juli, dem Tag ihrer Einführung gezahlt.
10. Dieser Kontrakt tritt am 1. Juli 1885 in Kraft. Jedem der kontrahierenden Teile steht es frei, ihn aufzuheben; jedoch muß die Aufkündigung ein halbes Jahr vorher geschehen. Derjenige Teil, welcher kündigt, hat die Reisekosten der Schwestern nach dem Mutterhause zu tragen.
Münster und Lobberich, den 28. Juni 1884
Der Vorstand des Krankenhauses Stankeit, Bgm.
Der Direktor der Genossenschaft Roß


Inzwischen gingen die Bauarbeiten gut voran. Am 24. Oktober 1885 trafen die drei ersten Schwestern Maldonata, geb. Elisabeth Keiser aus Midebach i.W., Hortensia, geb. Gertrud Stegemann aus Lippramsdorf, und Celsa, geb. Gertrud Wolters aus Schöppingen in Lobberich ein. Schwester Maldonata leitete das Haus 31 Jahre lang bis 1916 und konnte 1919 ihr goldenes Ordensjubiläum feiern. Am 25. Oktober fanden die feierliche Einweihung des Hauses und die Einführung der Schwestern durch Bürgermeister Stankeit und Pfarrer Hegger statt. Es hatte acht "nach neuzeitlichen Gesichtspunkten eingerichtete Normalkrankenzimmer" mit insgesamt 24 Betten. Eine Luftheizung sorgte für die nötige Wärme, Licht spendeten Petroleumlampen.

Wenig später am 1. November  folgte die eigentliche Eröffnung mit je zwölf Betten für Männer und Frauen. Leitender Arzt wurde Dr. Pistor, der jedoch bereits 1886 mit 58 Jahren starb. Die äußere Leitung unterstand der Armendeputation, da hier in erster Linie arme Kranke gepflegt wurden. Als Armenärzte fungierten in Lobberich auch Dr. Koemstedt und Dr. Noever.  Der Neubau machte 1886 auf den Kreisphysikus Dr. Farbeek einen "vorteilhaften Eindruck". Weiter notierte er: "Im ganzen Hause herrschen Ordnung und Sauberkeit in hohem Grade." Ab Januar 1887 konnte die Krankenhauskapelle genutzt werden. Im Eröffnungsjahr nahm das Haus 18 Kranke auf. 1886 waren er 43 und 1887 bereits 107.  Es zeigte sich bald, dass das Haus für die große Gemeinde zu klein war. So wurde 1891 der Flügelbau aufgestockt und ein Isolierhaus mit 24 Betten angelegt. 1895 kommt ein Altenheim, das separat gebaut wird, hinzu. Bei der steigenden Zahl von Patienten - etwa 30 um die Jahrhundertwende, wozu die Alterspfleglinge kamen - war die Kapelle längst zu klein geworden. 1901 wurde im Osten des Hauses eine große Kapelle mit Empore und Sakristei angebaut, wofür die Lobbericher Bevölkerung die Mittel spendete. Die alte Kapelle wurde zur Eingangshalle umgestaltet.

Am 26. Oktober 1886 wurde Theodor Stankeit als Bürgermeister in Altenessen eingeführt. Als seinen  Nachfolger in Lobberich wählte man  Louis Bender, bisher Bürgermeister in Brüggen.

                          
                      Bürgermeister Louis Bender 1886 - 1902
                                  * 05.11.1848 Düsseldorf
                                  + 17.04.1911 Lobberich

Die bisherigen Beigeordneten Jacob Huenges, Bierbrauer und Landwirt auf der Kempener Straße, Hermann van der Upwich (de Ball & Cie, Nachf.) und Tilmann Schmitter beantragten ihre Entlassung. Die Beweggründe sind bis heute nicht geklärt obwohl man diese in der Person von Bender vermutet. Neue Beigeordneten werden Mathias Kessels, Hotelier auf der Hochstraße und der praktizierende Arzt Dr. Noever. 1887 entsteht die Schweine-Metzgerei von Wilhelm Bispels auf der Breyeller Straße 65. Dort gab es schon eine traditionsreiche Gaststätte ("den Tuddel"). Im Jahre 1889 zieht erstmalig ein Karnevalszug durch die Straßen Lobberichs:

"Zur Vermeidung des großen Aufwandes, den Kölner Karnevalszug zu erleben, hat sich in Lobberich "eine Filiale der Cölnischen Carnevalsgesellschaft" gebildet und organisiert einen Rosenmontagszug, "welcher dem Cölner nicht viel nachgeben wird." Von der Wirtschaft der Witwe Ingenerf an der Bahn zieht der Zug folgenden Weg: Bahnstraße, Elisabethstraße, Steegstraße, Neustraße, Kempener Straße, Markt, Hochstraße, Breyeller Straße bis zur Wirtschaft J.P Schmitz (Höhe Niedieckplatz), Breyeller Straße zurück, Hochstraße bis zur Linde (Kreisverkehr an der Kirche) zurück zum Vereinslokal"

Am 19. März 1887 eröffnet Heinrich Andrae neben seiner seither geführten Handlung in Goldwaaren eine Uhrenhandlung. Zur Goldschmiedetradition der Familie kommt nach dem Uhrenhandel in der nächsten Generation mit dem Sohn Eduard das Uhrmacherhandwerk und die Optik. Heinrich Andrae verlegt sein Geschäft später auf die Hochstraße, sein Sohn Eduard zieht 1935 zum Markt. Zu Beginn des Jahres 1888 eröffnet Johann Frank, der schon vorher als Schuhmacher am Ort tätig gewesen ist, im elterlichen Haus Wevelinghover Straße 5 eine Schuh- und Stiefel-Handlung. Auf dem Markt 27 eröffnet im November 1881 Hugo von den Driesch eine Rind- und Schweinemetzgerei. Gleiches hat im Vormonat Heinrich Schürges auf der Bahnstraße 53 getan, alle geschlachteten Schweine seien auf Trichinen und Finen untersucht, die Zusicherung seinerseit deutet darauf hin, dass diese hygienischen Vorsorgemaßnahmen noch nicht als selbstverständlich angesehen waren.

               
                                               Haus Ingenhoven um 1900

Im Jahre 1887 verlor Hermann van der Upwich seinen bewährten Mitarbeiter Hermann Reifenstuhl durch den Tod. Nun ruhte die gesamte Verantwortung auf seinen Schultern. In Lobberich und in seinem Zweigwerk in Graslitz (im heutigen Tschechien) entwickelte und vergrößerte sich der Betrieb in ständig aufsteigenden Kurven.

In der Kirchenvorstands-Sitzung vom 21. Aprl 1887 erschien unter Punkt der Tagesordnung "Berathung über Kirchenbau", wozu bemerkt wird: In Betreff des Kirchenbaus wird beschlossen, sich über eventuelle Bauerlaubnis mit der Polizeibehörde wegen einer eventuellen Baugenehmigung in Verbindung zu setzen und sich einige auswärtigen Kirchen zur Vergleichung und Information anzusehen." Die "Querelen" innerhalb des Kirchenvorstandes und der Lobbericher Bevölkerung  hatten, allem Anschein nach, ein Ende. So ist die Bauvoranfrage zu erklären, die Pfarrer Ludwig Hegger im Auftrag des Kirchenvorstandes am 27. Juni 1887 an die Königliche Regierung zu Düsseldorf, Abteilung des Inneren richtet: Der Kirchenvorstand sei sich im klaren darüber, daß das Wohnhaus der Witwe Abels (sie betrieb bekanntlich am Markt 22 eine Bäckerei) zumindest zum Teil entfernt werden müsse. Da dasselbe aber von der jetzigen Besitzerin für jetzt unter keiner Bedingung wird abgetreten werden, andererseits es aber der Wunsch der ganzen Gemeinde ist, die neue Kirche wenn eben möglich an der alten Stelle zu bauen, auch ferner im Orte kein anderer freigelegter Platz zu beschaffen ist, so hofft der Kirchen-Vorstand, Eure hohe königl. Regierung möge ich Anbetracht der Verhältnisse genehmigen, daß das Haus Abels entfernt werde, wenn in hoffentlich nicht langer Zeit (!) (die gegenwärtige Besitzerin ist schon ziemlich bei Jahren, Wittwe und kinderlos) sich Gelegenheit zur Erwerbung zeigt. Sollte dies nicht angehen, so bittet der Kirchen-Vorstand, die hohe königl. Regierung möge demselben Mittheilung zugehen lassen, in welcher Weise der Erwerb des Abels'schen Hauses wohl herbeizuführen wäre." Man sprach schon von Enteignung. Politik und Kirche schoben den "schwarzen Peter" hin und her, zumal noch andere Eigentümer betroffen waren (Rathsches Haus und die Niedieck'sche Parkmauer). Letztlich waren es unüberwindliche Hindernisse, die auf absehbare Zeit einer Erweiterung der alten gotischen Pfarrkirche im Wege standen. So kam es in den nächsten Jahren zu diversen "Sachverständigengutachten", die sich immer wieder mit einem Neubau beschäftigten. Letztlich wurden 5 verschiedene Standorte "vorgeschlagen":

1. Der Bau an der alten Stelle
So sehr Alter und Pietät, die Lage mitten im Ort und die Bewahrung des Friedens (wer wollte Einwände gegen einen ca. 500 Jahre alten Standort erheben?) den Platz zu empfehlen scheinen, so deutet sich die Undurchführbarkeit des Planes an: Bei einer erforderlichen Länge von 55m und einer Breite von 32m müssten alle umliegenden Häuser angekauft werden (einschließlich Hasencox), so daß der Platz mindestens 100.000 Mark kosten würde. Der schöne Turm ginge durch den unvermeidlichen Abriss verloren, zudem entstünden durch den Abriss zusätzliche Kosten von erheblichem Ausmaß. Für die Zeit von Abriss, Erweiterungs- und Neubauarbeiten wre eine Notkirche zu errichten, für die weitere 15.000 Mark aufzuwenden wären. Ließe man die bisherige Kirche jedoch stehen, könnte das Leben der Pfarre ungestört weitergehen. Die Kirche selbst könnte nach gründlicher Reparatur des Daches als zweite Kirche dienen.

2. Der Bauplatz auf dem Grundstück von Schmitter
Dieser liegt zwischen Markt und Steegstraße, jedoch in Richtung Kempener Straße, so dass der Hauptzugang zur Kirche von der Marktstraße an einer Stelle erfolgen müsste, wo diese lediglich sieben Meter breit ist. Allein diese Überlegung spricht eher für das unmittelbar benachbarte, mehr zu Hochstraße hin gelegene Terrain:

3. Der Bauplatz auf dem Königs-Erbe, benannt nach seinem Besitzer Nicolaus Königs, wohnhaft an der anderen Marktseite in Ebberts-Haus.
Königs stirbt 1889 im Alter von 65 Jahren; für den Fall des Kirchbaus an diesem Platze hat er eine großzügige Schenkung in Aussicht gestellt: das ihm gehörende, zum Markt hin gelegene Haus und den angrenzenden Garten. Wieviel für den Ankauf der Gärten der Badischen Versorgungsanstalt, von Dohmes, Heythausen und teilweise des Landwirten Dammer aufzuwenden wäre, ist ebenso ungewiss wie der Erlös des zunächst mit anzukaufenden und dann wieder abzustoßenden van den Bergschen Hauses. Der bei diesen Transaktionen veranschlagte Zuschuss von 6.700 - 7.000 Mark erscheint den Gutachtern eher zu niedrig berechnet zu sein. Zwei weitere Nachteile werden angeführt: Vom Ort aus könne mand ie Kirche zur zu einem geringen Teil sehen. Dazu kommt die Erwartung, dass eine an der Kirche vorbeiführende Verbindung von Steegstraße und Markt sogleich, etwa durch den von der Bahn kommenden Verkehr, so sehr angenommen würde, dass dies zu Störungen des Gottesdienstes führen konnte. Die Kirche selbst käme 22m von der Steegstraße, jedoch 146m vom Marktplatz zu liegen.

4. Der Platz hinter dem Hause von Michels an der Hochstraße
Dieser Lösungsvorschlag an der oberen Hochstraße nach Westen hin wird schnell verworfen: Der erforderliche Ankauf der Häuser von Michels und Pollen (Kosten 25 - 30.000 Mark), der schmale Zugang von der ohnehin stark frequentierten Hochstraße und das Desinteresse der möglichen Vertragspartner setzen den Spekulationen in diese Richtung schnell ein Ende.

5. Der "Platz an der Linde"
Das in Aussicht genommene Baugelände besteht aus den vom Grafen von Mirbach inzwischen zum Zwecke des Kirchneubaus geschenkten 1 1/2 Morgen, dem Baumgarten des Pfarrers (dieser würde kostenlos verzichten) und einem Teil des Gartens von Jansen, der zum Preis von 6.240 Mark erwerbbar wäre. Hierzu bietet Pfarrer Hegger ein weiteres persönliches Geschenk von 6.000 Mark an, so dass der gesamte Baugrund sich letztlich nur auf 240 Mark belaufen würde. Der Zuschnitt des Terrains erlaubt es, die Kirche in Ost-West-Richtung zu bauen, während bei dem einzig konkurrenzfähigen Grundstück, dem Königs-Erbe, eine Süd-Nord-Ausrichtung unumgänglich erscheint. Auf die herkömmlicherweise übliche Ostung des Baues muss man schon wegen der wünschenswertten Lage des Vorplatzes und des Eingangsbereiches verzichten.

Es sollte noch bis zum 6. September 1890 dauern, dann konnte es jeder in Lobberich wissen: "Die Frage über den Bauplatz für die Pfarrkirche in Lobberich ist im Wege der Verständigung mit dem Königlichen Regierungs-Präsidium endgülti entschieden zugunsten des Platzes an der Linde". Damit ist die neue Kirche an der Linde durchgesetzt. Bis zum Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung hatten die Lobbericher die Problemlösung im Rahmen der baurechtlichen Vorgaben nicht zu Wege gebracht. Die Beharrlichkeit des Pfarrers und der ihn stützenden Mitglieder in beiden kirchlichen Gremien, aber eben auch das Zusdammenwirken von staatlichen und kirchlichen Behörden haben eine Lösung erst ermöglicht.

Am 4. Februar 1891 berichtet die "Rhein und Maas", die beschöfliche Behörde habe die Baupläne nunmehr genemigt, so daß nur noch die Genehmigung der Verwaltungsbehörde ausstehe. Den mit der Planung beauftragten Architekten Rüdell & Odenthal, Köln (sie hatten den Wettberwerb gewonnen) liegt bereits im 1891 der Grundstein für die neue romanische katholische Pfarrkirche (eine weiße Marmorplatte, den Gräbern der Märtyrer in den römischen Katakomben entnommen (der damals schon seit vielen Jahren in Rom lebende und aus Emmerich gebürtige päpstliche Ehren-Kammerherr und Rektor des Camp Santo Teunoci, Dr. A. de Waal, ist hierbei behilflich gewesen) vor. Anfang Juli trifft die ersehnte Baugenehmigung der königl. Regierung zu Düsseldorf endlich ein. Der Grefrather Bauunternehmer P.H. Schmitz, mit dem Neubau beauftragt, kann mit den Bauarbeiten beginnen. Im Juni 1892 konstatiert die Rhein u. Maas, dass der Neubau der Pfarrkirche große Fortschritte mache. Am 29. Juli kommt es zur Grundsteinlegung durch den Bischof Hermann (Dr. Hermann Dingelstad), der zur Spendung der Firmung in Lobberich eingetroffen war.

1891 feiert Eduard Istas sein 50jähriges Dienstjubiläum als Lehrer, aber auch als Chormitglied und Dirigent des Lobbericher Männergesangvereins. Der unter seinem Dirigat errungene Ehrenpreis der Kaiserin Friedrich (so nannte sich die Kaiserin Victoria nach dem Tode ihres Gemahls im Jahre 1888) im Sommer 1890 versetzte zunächst die Sänger und dann ganz Lobberich in einen Rausch von mehreren Tagen, kn denen nicht oder nur sporadisch gearbeitet wurde (Rhein und Maas).

            
                      Der "Kaiserturm" von Burg Bocholtz um 1900

Im Januar 1894 entstand im gerade errichteten Krankhaus ein Brand. Die Freiwillige Feuerwehr brachte die Kranken in benachbarten Häusern unter und das Feuer schnell unter Kontrolle. Am gleichen Abend konnten die Kranken wieder ins Krankenhaus zurückgebracht werden (Rhein und Maas).

Am 15. Oktober 1893 wurde die neuromanische Pfarrkirche St. Sebastian durch den Münsteraner Bischof Dr. Hermann Jakob Dingelstad eingeweiht. Die Kirchengemeinde stand vor der wichtigen Aufgabe, demd wuchtigen, mächtigen Raume ein ihm entsprechendes Orgelwerk zu geben. Der Rheinberger Orgelbauer Bernhard Tibus  stellte kurz nach Vollendung der prächtigen Innenausstattung der romanischen Kreuzkirche eine provisorische, alte Orgel auf.

                                    
                                          Bischof Dr. Hermann Dingelstad

Im März 1893 beschließt der Lobbericher Gemeinderat, dass ein großer Neubau für vier Klassen und eine Lehrerwohnung "zwischen Communalweg nach Sassenfeld und Windmühlenweg" errichtet werden soll. Die Lobbericher Baufirma Gebr. Feldges erhält nach einer Ausschreibung des Zuschlag. Die Lobbericher Sparkasse stellt mit einem Darlehn die Finanzierung des Bauvorhabens sicher. Am 19. Juli 1894 ergeht die Genehmigung der Regierung durch Bürgermeister Bender an den Pfarrer, die Schule in Benutzung zu nehmen. Bender fordert Pfarrer Hegger auf, für eine kleine Einweihungsfeier alles Erforderliche in die Wege zu leiten. Der Dycker Lehrer Peter Wilhelm Schmitz wird erster Hauptlehrer (Schulleiter) an der neuen Schule. 1895 diregierte Lehrer Göbelsmann die kleine evgl. Schule, die in einem Raum in der kath. Schule an der Jahnstraße (heute: Steegerstraße/Ecke Neustraße) untergebracht war.

               
                                  Die neue kath. Kirche um 1895

               
                             Blick in das Innere der neuen Pfarrkirche

Der Nachfolger von des Geistlichen Gerhard Pickers, der 1887 zum Pfarrer in Alpen ernannt wurde, war der Kaplan Wilhelm Anderheyden. Mit dem Namen Anderheyden bleibt der Bau des Gesellenhauses (später Kolpinghaus, dann Seerosensaal) verbunden. Er erwarb 1895 ein Grundstück an der heutigen Steegerstraße (heute: Haus Seerose). Der Grundstein wurde am 7. April 1895 gelegt. Nach dem Plan von Regierungsbaumeister Busch aus Neuss bauen als Hauptunternehmer Quirin Jansen (Erd-, Maurer-, Zimmer- und Schreinerarbeiten), Tilmann Schmetz (Eisenarbeiten), Paul Merz (Dachdeckerarbeiten), Gottfried Heyer (Glaser- und Anstreicherarbeiten) und Franz Boeken (Klempnerarbeiten). Mit der Urkunde wird bei der Grundsteinlegung ein kleiner Stein aus den römischen Katakomben eingemauert, den der Brachter Kaplan Terhorst beschafft hatte. Die Gründungsurkunde, die in einem Glaszylinder dem Grundstein eingefügt wird, enthält 15 Namen: Die Geistlichen Anderheyden, Franssen, Hegger und Dr. Rogmann; Bürgermeister Bender, Senior Joseph van Berkel, Sekretär Johann Schmitz, die "Ordner" Louis Inderbieten, Jakob Sanders und Joseph Schroers, Kaufmann G. Troekes, dazu die Lehrer Holthausen, Neumann, Istas und Nau werden für würdig befunden, ihre Mitwirkung der Nachwelt mitzuteilen. Bereits 1896 kann Pfarrer Ludwig Hegger das neue Gesellenhaus einweihen.

           
                               Die alte kath. Kirche um 1900


Nach Fertigstellung der neuen Kirche wurde die alte Kirche dank des energischen und opferbereiten Eingreifens der Anwohner vor dem bereits genehmigten Abriss bewahrt. Bis zum Jahre 1941 wurde sie als Schulkirche der nahe gelegenen Rektoratsschule (heute islamische Moschee) und für besondere Anlässe genutzt.

Am 26. Mai 1897 beschloss der Lobbericher Gemeinderat, ein Wasserwerk zu errichten. Als Standort wurde ein Platz in der Nähe des Bengmannhofes in Sittard - in der der Nähe des noch zu errichtenden Wasserturmes, ausgewählt, das letztlich im August 1898 fertiggestellt und mit 79 Hausanschlüssen in Betrieb genommen wurde. Im damals noch freien Feld an der aus dem 17. Jhd. stammenden Hagelkreuzkapelle wurde dann der Wasserturm errichtet, der ebenfalls 1898 fertiggestellt wurde.

 

                                           
                        Wasserturm um 1970                                        Eingang des Wasserturmes